Die Einreichungsfrist für Angebote ist am 30. Oktober 2022 abgelaufen.

Auswirkungen von Offshore-Windenergieparks auf die Umwelt

Gutachter/innen gesucht
Offshore-Windpark Nicholas Doherty/unsplash

Im Rahmen des TA-Projekts »Auswirkungen von Offshore-Windenergieparks auf die Umwelt« sind zwei Gutachten zu vergeben. Im ersten Gutachten sollen die verschiedenen bestehenden und künftigen technologischen Optionen der Offshore-Windenergienutzung dargestellt und auch im Hinblick auf mögliche Umwelteinwirkungen diskutiert werden. Das zweite Gutachten soll die möglichen Umweltgefährdungen zum Gegenstand haben und die potenziellen Auswirkungen der Offshore-Windenergienutzung auf die einzelnen Schutzgüter der Meeresumwelt (in Nord- und Ostsee) systematisch behandeln.

Inhaltsübersicht

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Thematischer Hintergrund

Die Stromerzeugung auf dem Meer wird in Europa und weltweit immer bedeutsamer. Nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur IEA könnte die Offshore-Windkraft in Europa ihren Anteil von aktuell ca. 2 % binnen 20 Jahren auf rund 25 % steigern und somit zum wichtigsten Stromlieferanten werden. Auch in Deutschland wird der Ausbau der Offshore-Windenergie vorangetrieben, große Offshore-Windenergieparks (OWP) in Nord- und Ostsee wurden und werden realisiert. Mittlerweile sind über 1.500 Windenergieanlagen (WEA) mit einer Gesamtleistung von rund 8 Gigawatt (GW) in Betrieb, die aktuell ca. 5 % zur deutschen Bruttostromerzeugung beitragen. Die seitens der Politik proklamierten Ausbauziele für die Offshore-Windenergie liegen für 2030 bei 30 GW, für 2045 bei mindestens 70 GW. Weitere Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee haben ambitionierte Ausbauziele formuliert. Anlässlich des »Nordsee-Gipfels« im Frühjahr 2022 beschlossen etwa Belgien, Dänemark, Deutschland und die Niederlande das Ziel, bis 2050 mindestens 150 GW an Windstromleistung in der Nordsee zu installieren.

Es besteht Konsens, dass die Nutzung der Meere so naturverträglich wie möglich auszugestalten ist. Diese Notwendigkeit gilt für den Ausbau der Windenergie genauso wie für andere Nutzungsformen (z. B. Fischerei, Schifffahrt, Tourismus und Verteidigung) und erhält vor dem Hintergrund, dass viele Tier- und Pflanzenarten in der Nord- und Ostsee durch die intensive Nutzung bereits heute unter starkem Druck stehen, weiter an Bedeutung. Klar ist, dass ein Ausbau der Offshore-Windenergienutzung im geplanten Umfang ein enormer Eingriff in die natürliche Meeresumwelt darstellt. Die Einschätzungen der möglichen Auswirkungen dieses Eingriffs auf die maritime Tier- und Pflanzenwelt sind dabei jedoch durchaus unterschiedlich, da negative (z. B. Verdrängungseffekte durch baubedingten Lärm) mit positiven Effekten (z. B. Bildung von Rückzugsgebieten durch reduzierte Fischerei) in komplexer Weise miteinander wechselwirken. Zu konstatieren ist generell, dass die möglichen Umweltauswirkungen national wie international bislang noch nicht ausreichend erforscht sind und vermutlich stark von den lokalen Gegebenheiten und Faktoren wie Küstenentfernung oder Anlagenkonfiguration abhängen.

Im Auftrag des Deutschen Bundestages führt das TAB daher eine Untersuchung zum Thema »Auswirkungen von Offshore-Windenergieparks auf die Umwelt« durch. Das TA-Projekt in soll in zwei Phasen durchgeführt werden:

In der jetzt begonnenen Phase I sollen zum einen bestehende und künftige Technologien der Offshore-Windenergienutzung (einschließlich des Energietransports an die Küste) dargestellt und diskutiert werden. Für die verschiedenen Technologien sollen die bau- und betriebsbedingten Umwelteinwirkungen identifiziert und technologische Möglichkeiten zur Minderung der Wirkungen diskutiert werden. Zum anderen soll der aktuelle Wissensstand zu den möglichen Auswirkungen der Offshore-Windenergienutzung auf die maritime Tier- und Pflanzenwelt bzw. auf die Ökosysteme der Meere, Watten und Küsten insgesamt aufbereitet und systematisch dargestellt werden.

In der sich ab Anfang 2024 anschließenden Phase II soll auf Grundlage der Ergebnisse aus Phase I sowie der politischen Ausbauziele für die Offshore-Windenergienutzung in Deutschland und weiteren Anrainerstaaten vertieft betrachtet werden, in welcher Weise große OWP in die ökologischen Gesamtzusammenhänge in Nord- und Ostsee eingreifen, und wie bzw. mit welchen Maßnahmen und innovativen Technologien die betroffenen Areale bestmöglich als funktionierender Lebensraum erhalten werden können. Hierbei sollen auch Potenziale einer möglichen Mehrfachnutzung der beanspruchten Meeresflächen betrachtet und diskutiert werden.

Leistungsbeschreibung der zu vergebenden Gutachten

Die nachfolgenden Hinweise stellen die inhaltlichen Schwerpunkte für die Erstellung von Gutachtenangeboten dar. Die Bereitschaft der Gutachter/innen zur engen Kooperation mit dem TAB und ggf. untereinander wird vorausgesetzt.

Gutachten 1: Technologische Optionen der Offshore-Windenergienutzung und mögliche Umwelteinwirkungen

Die Technologien der Offshore-Windenergienutzung entwickeln sich weiter. Ein Hauptziel besteht in der Steigerung der Erträge und Effizienzen von OWP. Dies soll vor allem durch leistungsfähigere und höhere WEA erreicht werden. Wurden bisher WEA mit Nennleitungen bis etwa 8 MW eingesetzt, könnten bis 2035 Windräder mit 30 MW Leistung in Betrieb gehen, mit gegenüber heutigen Anlagen ungefähr doppelt so großen Ausmaßen (Nabenhöhen bis 190 m, Rotordurchmesser bis 330 m). Außerdem sollen, um auch tiefere Gewässer erschließen zu können, künftig vermehrt schwimmende WEA zum Einsatz kommen. Auch für den Transport der absehbar riesigen Energiemengen von immer weiter draußen gelegenen OWP an die Küsten werden neue Lösungen diskutiert, etwa die Umwandlung zu Wasserstoff mit anschließendem Transport durch Pipelines oder mit Schiffen. Aber auch der Umweltschutz kann ein Treiber für neue bzw. verbesserte Technologien der Offshore-Windenergienutzung sein. Ein Beispiel sind schallärmere Gründungsverfahren wie Saugeimerfundamente, die als Alternative zu den lärmintensiven Tiefgründungen mithilfe von hydraulischen Schlagrammen eingesetzt werden können.

Auf der Grundlage einer fachwissenschaftlichen Literaturanalyse (Fachzeitschriften, Tagungsbände, graue Literatur etc.) sollen die verschiedenen bestehenden und künftigen technologischen Optionen der Offshore-Windenergienutzung dargestellt und diskutiert werden. Neben den WEA sollen dabei auch alle notwendigen Infrastrukturen für den Anlagenunterhalt sowie für den Energietransport vom Meer an Land (in Form von Strom oder PtX-Produkten) berücksichtigt werden. Die jeweiligen Technologieoptionen sollen jeweils entlang ihres gesamten Lebenszyklus – Herstellung, Installation/Bau, Nutzung/Betrieb, ggf. Erneuerung (Repowering), Rückbau – betrachtet werden. Die Technologieoptionen sollen verständlich erklärt und mindestens hinsichtlich der folgenden Aspekte diskutiert werden:

  • aktueller Entwicklungsstand einschließlich laufender oder geplanter Forschung-, Entwicklungs-, Erprobungs- oder Demonstrationsvorhaben; Forschungs- und Entwicklungsbedarfe;
  • wirtschaftliche Aspekte (auch vergleichend für verschiedene Optionen);
  • technische, wirtschaftliche, regulatorische oder praktische Hemmnisse für die Anwendung der Technologien.

Für die verschiedenen technologischen Optionen der Offshore-Windenergienutzung sollen die damit grundsätzlich in Zusammenhang stehenden bzw. erwartbaren Umwelteinwirkungen beleuchtet werden. Dazu sollen alle möglichen bau-, anlagen- und betriebsbedingten Emissionen und sonstigen Eingriffe in bzw. Störungen der natürlichen Meeresumwelt, die als Ursachen für mögliche Auswirkungen auf die maritime Tier- und Pflanzenwelt infrage kommen, identifiziert und diskutiert werden. Dazu zählen etwa:

  • Barrierewirkungen durch WEA, Plattformen, Seekabel, Pipelines und weitere Infrastrukturen;
  • bau- und betriebsbedingte Emissionen von Schall, Vibrationen, Schadstoffen, Licht, Wärme oder elektromagnetischen Feldern;
  • Auswirkungen auf den Meeresboden (z. B. Flächeninanspruchnahme, Bodenversiegelung, Sedimentumlagerungen);
  • Auswirkungen auf die Wasserqualität (z. B. durch Sedimentaufwirbelungen, Trübungen oder Schadstoffemissionen);
  • Veränderungen in den natürlichen Strömungsregimen, Wassertemperaturen oder -schichtungen.

Schließlich sollen – sofern vorhanden bzw. absehbar verfügbar – mögliche Techniken oder Methoden zur Reduzierung solcher Umwelteinwirkungen skizziert und hinsichtlich des Potenzials, des Forschungs- und Entwicklungsstandes, Kostenaspekten sowie aktueller Einsatzpraktiken diskutiert werden (z. B. Blasenschleier, Hüllrohre).

Die Erkenntnisse der Literaturanalyse sollen, wo nötig, beispielsweise durch Experteninterviews aktualisiert und ergänzt bzw. validiert werden.

Gutachten 2: Stand des Wissens zu den spezifischen ökosystemaren Auswirkungen der Offshore-Windenergienutzung auf die Meere, Watten und Küsten

Im Rahmen des Gutachtens sollen unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes die möglichen Umweltgefährdungen und -beinträchtigungen (Wirkfaktoren) und potenziellen Auswirkungen der Offshore-Windenergienutzung (unter Berücksichtigung der verschiedenen Technologieoptionen und der damit verbundenen Umwelteinwirkungen, s. Gutachten 1) auf die einzelnen Schutzgüter der Meeresumwelt (in Nord- und Ostsee) identifiziert, systematisch dargestellt und diskutiert werden. Bei den zu betrachtenden Schutzgütern handelt es sich in grundsätzlicher Perspektive etwa um Biotoptypen, Fischarten/-bestände, Marine Säuger, Arten von Rast-, Brut- und Zugvögeln, Fledermäuse. Weitere Untersuchungsaspekte betreffen Meeresboden/Benthos bzw. Sediment sowie Nährstoffe.

Im Einzelnen soll der aktuelle Wissensstand zu folgenden Fragestellungen bzw. Aspekten hinsichtlich der relevanten Schutzgüter, bei denen Auswirkungen durch OWP auf Natur und Umwelt zu erwarten sind, erhoben und dargestellt werden:

  • Welche Auswirkungen können von durch OWP verursachte Barrieren auf Seevögel bzw. den Vogelzug, Fledermäuse bzw. Fledermauswanderungen sowie Schweinswale (bzw. maritime Säuger insgesamt) ausgehen? Sind Auswirkungen auf Seetaucher oder auch Scheuchwirkungen auf Seevögel zu erwarten?
  • Welche Auswirkungen haben bau- und betriebsbedingte Schallbelastungen im Ober- und Unterwasser insbesondere auf Meeressäuger (z. B. Beeinträchtigung/Schädigung des Gehörs; Verhaltensänderungen)?
  • Welche Auswirkungen auf die Unterwasserhabitate sind von Sedimentaufwirbelungen bzw. Trübungen zu erwarten? Welche evtl. hieraus resultierenden Auswirkungen z. B. auf das Phytoplankton, Nährstoffe und Nahrungsgrundlagen für die Meereslebewesen insgesamt sind zu erwarten?
  • Welche Auswirkungen auf die Meereslebewesen im Unter- und Oberwasser können von Beleuchtung und optischen Effekten von OWP ausgehen; welche Auswirkungen könnten ggf. elektromagnetische Felder und Wärmeemissionen (z. B. durch Seekabel) haben?
  • Welche Auswirkungen auf Meereslebewesen (inkl. Vögel) können von den Materialien der WEA, Stromkabel und weiteren Infrastrukturen herrühren (z. B. infolge von Schadstoffemissionen)?
  • Welche Auswirkungen können durch die Flächenbebauung und -versiegelung sowie das Einbringen von Hartsubstrat resultieren? Welche Folgen könnte die Ansiedlung neuer Hartsubstratfauna und -flora für die Makrozoobenthosgemeinschaft und die natürlichen Nährstoffkreisläufe haben?
  • Welche Auswirkungen können durch OWP verursachte Veränderungen der Wasserqualität und -schichtung, der natürlichen Strömungsverhältnisse oder Temperaturstrukturen auf die Unterwasserhabitate zeitigen, z. B. bzgl. Fischarten/Fischschwärme sowie Muscheln, Krebse, Anemonen etc. und sonstige Fauna im Wasser und im (Schlick)Boden (z. B. auch durch Veränderungen in der Verteilung von Nahrungsorganismen)? Welche Veränderungen können in der Fischzönose hinsichtlich Artenzusammensetzung und Diversität sowie Produktion durch die evtl. Entstehung von Laich-, Nahrungs- und Rückzugsgebieten entstehen? Sind strömungsbedingte Änderungen des Nährstofftransports im Oberflächenwasser zu erwarten und welche Auswirkungen könnten daraus ggf. für die Meereslebewesen resultieren?
  • Welche positiven Effekte auf die Meeresbiotope werden im Zusammenhang mit OWP diskutiert (z. B. Bildung neuer Ansiedelungs-/Rückzugsgebiete für Fauna and Flora) und wie stellt sich der Wissenstand hierzu dar?

Der Arbeitsauftrag umfasst weiterhin die Analyse und wissenschaftliche Einordnung möglicher Konsense bzw. Dissense in der relevanten Forschungscommunity (inklusive einer Gegenüberstellung positiver/negativer Effekte für die verschiedenen Optionen). Aktuelle und zukünftig zu bearbeitende Forschungsfragen sind zu identifizieren und zu konkretisieren. Das Gutachten sollte eine Synthese hinsichtlich der vorzugswürdigen technologischen Optionen bei der naturschutz- und umweltverträglichen Gestaltung beim Ausbau der Offshore-Windenergienutzung erarbeiten, Hindernisse und (ungelöste) Herausforderungen sind darzulegen.

Bearbeitungsaufwand und Termine

Der vergütbare Bearbeitungsaufwand beträgt für die beiden Gutachten jeweils 4 bis 6 Personenmonate. Änderung oder Konkretisierung der Untersuchungsaspekte wie auch die Einreichung kombinierter Angebote sind möglich und sollten ggf. zwischen TAB und potenziellen Auftragnehmenden im Rahmen der Angebotserstellung abgestimmt werden.

  • Abgabetermin für die Angebote ist der 30.10.2022.
  • Mit der Bearbeitung der Gutachten soll (voraussichtlich) am 15.12.2022 begonnen werden.
  • Ein Auftakttreffen soll voraussichtlich noch im Dezember 2022 im TAB stattfinden (je nach Pandemiesituation ggf. als Videokonferenz).
  • Eine Zwischenberichterstattung ist bis zum 28.02.2023 vorzusehen.
  • Die Gutachten müssen bis zum 30.4.2023 fertiggestellt sein.

Gutachtenvergabe und -erstellung zu den genannten Terminen erfolgen vorbehaltlich der rechtzeitigen Zustimmung bzw. Mittelbewilligung durch den Deutschen Bundestag.

Hinweise zur Angebotserstellung

Bei der Erarbeitung der Angebote sind die »Hinweise für Gutachter/innen« zu beachten. Insbesondere muss die Kompetenz der Anbietenden aus den Angeboten hervorgehen und es müssen die beabsichtigte Vorgehensweise und der erforderliche Bearbeitungsaufwand verdeutlicht werden.

Senden Sie uns zunächst eine elektronische Version Ihres Angebots zusammen mit dem ausgefüllten Formblatt (Word-Dokument) an unsere E-Mail-Adresse buero does-not-exist.tab-beim-bundestag de. Nach unseren Erfahrungen müssen die eingehenden Angebote zumeist inhaltlich, formal und kalkulatorisch überarbeitet werden. Sollten wir Ihr Angebot nach Prüfung durch uns in die engere Wahl ziehen und dem Deutschen Bundestag zur Vergabe vorschlagen wollen, werden wir Sie um eine entsprechende Modifizierung sowie hernach um die Zusendung eines unterschriebenen Angebots an das TAB bitten (Neue Schönhauser Straße 10, 10178 Berlin).

Weitere Informationen und Downloads

Kontakt

Dr. Claudio Caviezel
caviezel∂tab-beim-bundestag.de
Dr. Christoph Revermann
revermann∂tab-beim-bundestag.de
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Neue Schönhauser Straße 10
10178 Berlin
+49 30 28491-0
buero∂tab-beim-bundestag.de