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CO2-Abscheidung und -Lagerung bei Kraftwerken

  • Project team:

    Reinhard Grünwald

  • Thematic area:

    Energy and environment

  • Topic initiative:

    Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

  • Analytical approach:

    TA-Projekt

  • Startdate:

    2006

  • Enddate:

    2007

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Die gegenwärtige Energieversorgung in Deutschland und in der EU beruht zu über 80 % auf erschöpflichen fossilen Energieträgern (Kohle, Öl, Gas), bei deren Nutzung Kohlendioxid (CO2) entsteht, das zum vom Menschen gemachten Klimawandel beiträgt. Zur Minderung von Treibhausgasemissionen wird zurzeit daran gedacht, CO2 aus dem Abgasstrom von Kraftwerken und Industrieanlagen abzutrennen und anschließend in unterirdische Lagerungsstätten zu verbringen. Dieses Verfahren wird in jüngster Zeit in der Öffentlichkeit verstärkt diskutiert, da sich damit einerseits die Hoffnung zur »sauberen« Nutzung der Kohleressourcen verbindet, andererseits aber auch die Befürchtung, sich auf langfristig unkalkulierbare Risiken einzulassen.

 

Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Die CO2-Abscheidung und -Lagerung (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS) ist gegenwärtig noch in der Forschungs- und Erprobungsphase. Im internationalen Raum wird CCS schon seit einiger Zeit vorangetrieben. Gegenwärtig sind weltweit drei Großprojekte (mit mehr als 1 Mio. t CO2/Jahr) zur Lagerung von CO2 in geologischen Schichten in Betrieb: in Norwegen, Kanada und Algerien. Weitere sind in Planung. In Deutschland sind erst seit Kurzem diesbezügliche Aktivitäten im Gange.

Die Abscheidung von CO2 bspw. aus dem Abgasstrom eines Kohlekraftwerks ist bereits mit heutiger Technik möglich. Allerdings sinkt dadurch der energetische Wirkungsgrad des Kraftwerks, und es entstehen Kosten für den Bau und den Unterhalt der Abscheidungsanlage. Bei Transport und Einlagerung entsteht ebenfalls ein Aufwand für Energie und Kosten. Offene Fragen und Wissenslücken gibt es insbesondere zur Langzeitsicherheit der Speicherung, zu den Risiken der CCS-Technologie (z.B. Auswirkungen auf Ökosysteme), sowie zur Wirtschaftlichkeit von CCS verglichen mit anderen Optionen zur CO2-Minderung. Unklar ist auch, wann Technologien in großem Maßstab bereitstehen werden.

Aus diesem Grunde hat der Bundestag das TAB beauftragt eine Bestandsaufnahme des aktuellen Forschungsstandes sowie des weiteren Forschungsbedarfs durchzuführen, die Potenziale und Chancen dieses Verfahrens zu untersuchen aber auch seine Kosten und Risiken zu beleuchten. Darüber hinaus wurde der Handlungsbedarf für die öffentliche Hand aufgezeigt, der sich aus den Analysen für die Schaffung eines adäquaten Regulierungsrahmens für die CCS-Technologie ableiten lässt.

 

Ergebnisse

Stand der Technik – Forschungsbedarf

Die CCS-Technologiekette besteht aus drei Schritten: der Abtrennung des CO2 am Kraftwerk, seinem Transport zu einer geeigneten Lagerstelle und der eigentlichen (Ab-)Lagerung unter der Erdoberfläche.

CO2-Abtrennung

Für die Abtrennung des CO2 gibt es drei Möglichkeiten: Es kann (1) nach der Verbrennung aus den Abgasen herausgefiltert werden (sog. Post-Combustion), der Kohlenstoff kann (2) schon vor dem eigentlichen Verbrennungsprozess aus dem Energieträger entfernt werden (sog. Pre-Combustion), oder (3) die Verbrennung kann in einer Sauerstoffatmosphäre durchgeführt werden, damit als Abgas (fast) nur CO2 entsteht (sog. Oxyfuel). Allen genannten Verfahren zur CO2-Abtrennung ist gemeinsam, dass sie einen erheblichen Energieaufwand erfordern, der den Kraftwerkswirkungsgrad um bis zu 15%-Punkte reduziert und einem zusätzlichen Brennstoffbedarf von bis zu 40 % zur Folge hat. Jede dieser Methoden besitzt spezifische Vor- und Nachteile. Daher ist es gegenwärtig noch offen, welche davon die besten Zukunftsaussichten besitzt.

  • Das Post-Combustion-Verfahren hat als typisches »End-of-Pipe«-Verfahren den Vorteil, dass es prinzipiell auch in bestehende industrielle Prozesse und Kraftwerke integriert werden kann. Diesem Vorteil der Nachrüstbarkeit stehen jedoch relativ hohe Kosten und energetische Verluste gegenüber. Die CO2-Abscheidung mittels chemischer Absorption ist derzeit das einzige kommerziell verfügbare Verfahren und wird z.B. zur Erdgasaufbereitung genutzt. Für den Einsatz in (Groß-)Kraftwerken müsste es noch um einen Faktor 20 bis 50 größer skaliert werden. Weitere Forschungs- und Entwicklungsziele sind die Steigerung der Effizienz vor allem durch die Weiterentwicklung der eingesetzten Lösungsmittel, sowie die Prozessintegration und Optimierung für die Anwendung in Kraftwerken. Perspektivisch könnten u.a. Membranverfahren interessant werden, da diese höhere Effizienz und geringere Kosten versprechen. Diese befinden sich derzeit noch in einem frühen Forschungsstadium.
  • Das Pre-Combustion-Verfahren weist im Vergleich dazu einen geringeren Energiebedarf auf und bietet die Möglichkeit, Wasserstoff bzw. synthetische Kraftstoffe aus fossilen Brennstoffen relativ CO2-arm zu erzeugen. Nachteilig ist allerdings die hohe Komplexität der Anlagen und ihrer Betriebsführung. Eine Schlüsselkomponente für den Pre-Combustion-Prozess sind hocheffiziente Wasserstoffturbinen. Diese befinden sich derzeit noch im Pilotstadium und müssen vor ihrem kommerziellen Einsatz noch wesentlich weiterentwickelt werden. Über die Entwicklung von Einzelkomponenten hinaus besteht eine wesentliche Herausforderung darin, die Prozesskette in ihrer ganzen Komplexität im realen Kraftwerksmaßstab zu beherrschen und eine hohe Verfügbarkeit der gesamten Anlage zu garantieren.
  • Das Oxyfuelverfahren besitzt den Vorteil, dass das CO2 hier in relativ hoher Konzentration anfällt und der zu behandelnde Abgasstrom wesentlich kleiner ist als bei den anderen Verfahren. Der Nachteil bei diesem Verfahren ist, dass die Herstellung des reinen Sauerstoffs mit einem hohen Energieverbrauch und erheblichen Kosten verbunden ist. Luftzerlegungsanlagen zur Herstellung von Sauerstoff sind seit Längerem im industriellen Einsatz. Der hohe Energieverbrauch bei der Luftverflüssigung lässt jedoch die signifikante Weiterentwicklung dieses Verfahrens oder alternativer Methoden der Sauerstoffherstellung (z.B. Membrantechnologien) notwendig erscheinen. Wie bei den anderen Verfahren zur CO2-Abtrennung ist die Prozessintegration der Einzelschritte in ein effizient funktionierendes Gesamtsystem eine wesentliche Aufgabe.
CO2-Transport

Als Transportmittel für CO2 kommen vor allem Schiffe und Pipelines infrage. Der größte Unterschied bei CO2-Pipelines im Vergleich beispielsweise mit Erdgaspipelines ist, dass die verwendeten Materialien eine hohe Korrosionsbeständigkeit aufweisen müssen. Der CO2-Transport per Schiff findet derzeit nur in kleinem Umfang statt, die Technik unterscheidet sich nicht wesentlich vom konventionellen Transport von Flüssiggas.

Trotz der wichtigen Funktion als Bindeglied zwischen Abscheidung und Lagerung findet der Transport von CO2 in der Forschung bisher wenig Beachtung und wird – wenn überhaupt – vor allem unter dem Kostenaspekt diskutiert. Wichtige zu untersuchende Fragestellungen wären z.B. die zeitliche und geografische Abstimmung des Aufbaus einer Transportinfrastruktur sowie Akzeptanzfragen beim Transport durch dicht besiedelte Gebiete.

CO2-Lagerung

Für die langfristige geologische Lagerung von CO2 kommen vor allem entleerte Öl- und Gasfelder sowie sog. saline Aquifere in Betracht. Öl- und Gasreservoire haben den Vorteil, dass ihre dauerhafte Dichtigkeit über einen Zeitraum von Jahrmillionen nachgewiesen ist. Durch die Exploration und Ausbeutung der Lagerstätten sind die Zusammensetzung der Gesteine und der strukturelle Aufbau der Speicher- und Abdichtformationen sehr genau bekannt. Das größte Problem für die Speichersicherheit sind alte aufgegebene Bohrlöcher, die in Öl- und Gasfeldern zum Teil in großer Anzahl vorliegen können. Das Auffinden und insbesondere das Abdichten aller Bohrungen sind aufwendig und kostspielig. Die Injektion von CO2 kann ggf. dazu genutzt werden, die Förderung von Öl bzw. Gas aus nahezu entleerten Feldern zu verlängern (sog. »Enhanced Oil/Gas Recovery«, EOR, EGR).

Saline Aquifere sind hochporöse mit stark salzhaltiger Lösung gesättigte Sedimentgesteine. Ihr Porenraum kann zur CO2-Aufnahme genutzt werden, dabei wird ein Teil der Sole verdrängt. Für eine Tauglichkeit als CO2-Lagerstätte muss oberhalb des Aquifers ein möglichst CO2-dichtes Deckgestein liegen. Es muss möglichst ausgeschlossen werden, dass das CO2 entlang von Klüften, Bruchzonen o.Ä. entweichen kann und dass die Sole in Kontakt mit oberflächennahem Grundwasser kommt.

Potenziale

CO2-Abscheidung und -Lagerung kann nur dann einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn ausreichend geeignete Lagerungskapazitäten zur Verfügung stehen, um das abgeschiedene CO2 auch aufzunehmen. Die derzeit vorliegenden Schätzungen der weltweiten Lagerungspotenziale sind für eine verlässliche Einschätzung der möglichen Bedeutung von CCS für den globalen Klimaschutz noch bei Weitem zu ungenau.

In Deutschland beträgt die gesamte Lagerungskapazität in Aquiferen und entleerten Erdgaslagerstätten zusammen etwa das 40- bis 130-Fache der jährlichen CO2-Emissionen des deutschen Kraftwerkparks.

Ob dieses Potenzial für die CO2-Lagerung wirtschaftlich erschließbar ist und tatsächlich genutzt werden kann, hängt von einer Reihe geologischer Details, ökonomischer, rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz ab. Darüber hinaus können für CCS geeignete geo­logische Formationen auch für alternative Nutzungsformen interessant sein (z.B. Geothermie, saisonale Erdgasspeicher). Daher ist zu erwarten, dass die für CCS faktisch nutzbare Kapazität wesentlich geringer als das theoretische Potenzial ist.

Risiken, Umweltauswirkungen

Entlang der gesamten CCS-Prozesskette besteht die Möglichkeit, dass CO2 entweicht – mit negativen Auswirkungen sowohl für die lokale Umwelt als auch für das Klima. Generell wird das Risiko der technischen Anlagen (z.B. Abscheidungsanlagen, Kompressoren, Pipelines) als klein bzw. mit den üblichen technischen Maßnahmen und Kontrollen handhabbar eingeschätzt. Daher konzentriert sich die Risikodiskussion auf die geologischen Reservoire. Derzeit ist noch umstritten, wie lange das CO2 mindestens im Untergrund ver­bleiben muss, damit CCS einen positiven Beitrag zur Minderung von Treibhausgasen in der Atmosphäre erbringen kann. Diskutiert werden meist Zeiträume von 1.000 bis 10.000 Jahren.

Prozesse, die die Sicherheit und Dauerhaftigkeit der CO2-Lagerung beeinträchtigen könnten, sind u.a. die Auflösung von Gesteinen durch das saure CO2-Wasser-Gemisch, die Aufweitung bestehender kleinerer Risse im Deckgestein durch den Überdruck der CO2-Injektion sowie die Leckage durch bestehende Bohrungen (relevant vor allem in Erdöl- bzw. Erdgaslagerstätten). Zur Einschätzung von Risikoprofilen geologischer Reservoire müssen daher dringend weitere Studien und Feldversuche durchgeführt werden.

Kosten, Wettbewerbsfähigkeit

Die Kosten der CO2-Abscheidung und -Lagerung setzen sich aus den Kosten der einzelnen Prozessschritte (Abscheidung, Transport und Lagerung) zusammen. Außerdem muss der erhöhte Verbrauch an Primärenergieträgern berücksichtigt werden. Im Ergebnis resultiert für Kohlekraftwerke annähernd eine Verdopplung der Stromgestehungskosten.

Die CCS-Technologie wird nur dann auf dem Strommarkt eingesetzt werden, wenn sie mit anderen Erzeugungsoptionen wettbewerbsfähig ist. Das setzt voraus, dass klimaschonende Stromerzeugung ökonomisch belohnt wird. In anderen Worten: Die Emission von CO2 muss Kosten verursachen. Damit CCS-Kraftwerke mit fossilen Kraftwerken ohne CO2-Abscheidung konkurrenzfähig sind, müsste der Preis für eine Tonne emittiertes CO2 etwa 30 bis 40 Euro betragen. Ein Vergleich mit anderen CO2-armen, v.a. regenerativen, Erzeugungsoptionen zeigt, dass im Jahr 2020 einige regenerativen Technologien ein ähnliches Kostenniveau erreicht haben könnten, wie es für CCS-Kraftwerke ermittelt wurde (im Bereich von 5 bis 7 Cent/kWh). Bei Wasserkraft und Windkraft ist dies an günstigen Standorten bereits heute der Fall. Zusammenfassend erscheint es unbestreitbar, dass CCS kein Alleinstellungsmerkmal besitzen wird, sondern sich in Konkurrenz zu anderen Optionen zur CO2-armen Stromerzeugung behaupten muss.

Integration in das Energiesystem

In Deutschland besteht aufgrund der Altersstruktur der Kraftwerke in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten ein erheblicher Erneuerungsbedarf. Welchen Beitrag die CCS-Technologie vor diesem Hintergrund zur CO2-Minderung leisten kann, hängt entscheidend von der Beantwortung der Fragen ab, wann CCS tatsächlich zur Verfügung steht, ob die Nachrüstung bestehender Kraftwerke machbar ist bzw. ob das Konzept tragfähig ist, bereits jetzt neu zu bauende Kraftwerke für die Nachrüstung vorzubereiten (sog. »capture ready«)?

Zeitrahmen für die Verfügbarkeit

Als Zeithorizont einer kommerziellen Verfügbarkeit im Kraftwerksmaßstab wird gemeinhin das Zieljahr 2020 genannt. Dies wird in Fachkreisen als sehr ambitioniert eingeschätzt. Ein Grund für diesen knappen Zeitraum könnte die Erkenntnis sein, dass der Beitrag, den CCS zur CO2-Minderung leisten kann, immer kleiner wird, je später die Technologie voll verfügbar ist. Führt man sich die derzeit begonnenen bzw. geplanten Pilot- und Demonstrationsprojekte vor Augen, so erscheint die Einhaltung dieses Fahrplans nur unter günstigen ökonomischen und politischen Randbedingungen möglich.

Nachrüstbarkeit/»Capture Ready«

Prinzipiell können bestehende Kraftwerke mit Anlagen zur CO2-Abscheidung (z.B. einer nachgeschalteten Rauchgaswäsche) nachgerüstet werden. Ob Kraftwerke tatsächlich nachgerüstet werden, hängt nicht nur von der technologischen Machbarkeit sondern entscheidend von der Wirtschaftlichkeit ab. Es ist anzunehmen, dass die Nachrüstung nur dann in größerem Umfang durchgeführt würde, wenn die ökonomischen Anreize zur CO2-Abscheidung hoch genug sind oder aber z.B. eine Verpflichtung zur Nachrüstung eingeführt würde.

Die Idee, neu zu bauende Kraftwerke bereits heute so auszulegen, dass sie technisch unkompliziert und kostengünstig mit CO2-Abscheidungsanlagen nachrüstbar sind, sobald die Technologie und die entsprechenden CO2-Lagerstätten zur Verfügung stehen, klingt auf den ersten Blick attraktiv. Allerdings sind die Möglichkeiten für den Einbau von »Capture-ready«-Komponenten in Kraftwerke äußerst begrenzt. Ökonomisch tragfähig wären aus heutiger Sicht lediglich Maßnahmen, die nur geringe Kosten verursachen, z.B. das Vorhalten des Bauplatzes für die CO2-Abscheidungsanlage. Für eine belastbare Einschätzung, ob das »Capture-ready«-Konzept tragfähig ist, besteht noch ein erheblicher Bedarf an technisch-ökonomischen Analysen.

Öffentliche Wahrnehmung und Akzeptanz

Technologien wie CCS mit teilweise schwer einschätzbaren langfristigen Risiken für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt sind besonders anfällig dafür, öffentliche Beunruhigung und ggf. Widerstand auszulösen. Die Sicherstellung eines hohen Maßes an öffentlicher Akzeptanz sollte daher ein hochrangiges Ziel sein. Eine wichtige Voraussetzung für Akzeptanz ist die Schaffung von Transparenz durch umfassende Information sowohl über die Ziele von CCS im Allgemeinen als auch über konkrete Vorhaben und Projekte. Wie die Vergangenheit jedoch gezeigt hat, sind reine Informations- und Werbemaßnahmen zur Akzeptanzbeschaffung nicht ausreichend. Zur Vermeidung von Akzeptanz- und Vertrauenskrisen sollte daher frühzeitig ein ergebnisoffener Dialogprozess zwischen Indus­trie, Interessengruppen, Wissenschaft und Öffentlichkeit organisiert werden.

Rechtsfragen

Für die Erprobung, Einführung und Verbreitung der CCS-Technologie muss ein geeigneter Regulierungsrahmen geschaffen werden, der gleichzeitig drei Zielsetzungen verfolgen sollte: erstens die Bedingungen für die Zulässigkeit der verschiedenen Komponenten der CCS-Technologie (Abscheidung, Transport, Lagerung) schaffen; zweitens Anreize dafür setzen, dass Inves­titionen in die CCS-Technologie getätigt werden; und drittens sicherstellen, dass CCS nicht an mangelnder Akzeptanz scheitert. Nach derzeitigem Recht gibt es weder ein Verfahren für die Standorterkundung von Ablagerungsstätten noch für die Ablagerung von CO2. Die Schaffung eines adäquaten Regulierungsrahmens bedeutet eine doppelte Herausforderung: Geht man einerseits davon aus, dass im Sinne des Klimaschutzes die zügige Einführung von CCS im industriellen Maßstab im öffentlichen Interesse liegt, so ist es erforderlich, kurzfristig erste CCS-Vorhaben zuzulassen, um Erfahrungen mit dieser Technologie zu sammeln. Diese Erfahrungen werden sowohl zur Weiterentwicklung der Technik als auch für die politisch-rechtliche Steuerung benötigt. Es gibt in Deutschland mehrere Unternehmen, die bereits konkrete Vorhaben mit diesem Ziel planen, teilweise im fortgeschrittenen Stadium. Ohne kurzfristige Anpassung des derzeitigen Rechts sind die geplanten Vorhaben jedoch unzulässig.

Andererseits ist eine Regelungskonzeption anzustreben, die alle relevanten Aspekte in den Blick nimmt: die gezielte Nutzung der nur begrenzt vorhandenen Ablagerungskapazitäten, die Berücksichtigung konkurrierender Nutzungsansprüche, Haftungsfragen, die Schaffung von Transparenz, die raumplanerischen Herausforderungen, die Integration in das Klimaschutzregime etc.

 

Handlungsbedarf

Auf der Grundlage des gegenwärtigen Wissensstandes und unter der Voraussetzung, dass aus Gründen des Klimaschutzes ein öffentliches Interesse an der Umsetzung der CCS-Technologie konstatiert werden kann, besteht folgender Handlungsbedarf:

Verbreiterung der Wissensbasis

Die derzeitige Wissensbasis reicht für eine belastbare Einschätzung der technischen und ökonomischen Machbarkeit von CCS und eine Bewertung, welchen Beitrag CCS zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten kann, bei Weitem nicht aus. Hierfür müssen zahlreiche kritische Wissenslücken geschlossen werden.

Was die Forschung und Entwicklung im Bereich der CO2-Abscheidung und von Technologien zur CO2-Konditionierung und zum Transport anbetrifft, ist als primärer Akteur die Industrie (Kraftwerks- und Anlagenbau, Energieversorger, Chemische Industrie) gefordert. Als Aktionsfeld für öffentliche Forschungsförderung kämen vor allem hochinnovative Verfahren mit großem potenziellen ökologischen und gesamtwirtschaftlichen Nutzen sowie Querschnittsfelder (z.B. Materialforschung) infrage.

Das größte Wissensdefizit besteht derzeit im Bereich der geologischen CO2-Lagerung. Fragestellungen, die sich für öffentlich geförderte Forschungsprojekte besonders anböten, wären z.B. die Wechselwirkung von eingepresstem CO2 mit dem Gestein sowie die Bestimmung der Speicherkapazität und Untersuchungen zur Eignung für eine dauerhafte Lagerung von CO2 von geologischen Formationen. Dringender Forschungsbedarf besteht im Bereich der möglichen Konkurrenz mit alternativen Nutzungen (Erdgasspeicher, Geothermie). Hierzu gehört auch die Frage, wie Nutzungskonflikte gegebenenfalls aufzulösen wären.

Es ist dringend anzuraten, dass in die Durchführung von Pilotprojekten frühzeitig sozial- und umweltwissenschaftliche Begleitforschung integriert wird, damit die Technologieentwicklung an den Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet werden kann und entscheidungsrelevantes Wissen zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgewirkungen der CCS-Technologie bereitgestellt wird. Hierzu gehören die Analyse von Potenzialen, Risiken und Kosten, ökobilanzielle Betrachtungen sowie Fragen der Integration von CCS in das Energiesystem.

Anstoßen einer Öffentlichen Debatte

Um zu verhindern, dass sich mangelnde Akzeptanz zu einem Hemmschuh der weiteren Entwicklung und Nutzung der CCS-Technologie entwickelt, sollte rechtzeitig eine bundesweite Kommunikations-, Informations- und Beteiligungsstrategie entworfen und umgesetzt werden. Dieser Prozess sollte ergebnisoffen strukturiert sein und ausloten, ob und wie ein möglichst breiter gesellschaftlicher Konsens erreichbar sein könnte. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, mit der begonnen werden sollte, bevor erste konkrete Standortentscheidungen zu treffen sind.

Schaffung eines Regulierungsrahmens

Hier bietet sich ein zweistufiges Vorgehen an: Im Zuge einer kurzfristig zu realisierenden Interimslösung sollten die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Vorhaben, die überwiegend der Erforschung und Erprobung der CO2-Ablagerung dienen, zeitnah gestartet werden können. Kernelement eines kurzfristigen Regelungsrahmens wäre die Schaffung eines Zulassungstatbestandes im Bergrecht.

Gleichzeitig sollte ein umfassender Regulierungsrahmen entwickelt und möglichst auf EU-Ebene und international abgestimmt werden, der allen Aspekten der CCS-Technologie Rechnung trägt. Dieser könnte die Interimsregulierung ablösen, sobald der großtechnische Einsatz von CCS ansteht.

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