Leichter-als-Luft-Technologie. Innovations- und Anwendungspotenziale
- Project team:
Reinhard Grünwald (Projektleitung), Dagmar Oertel
- Thematic area:
- Topic initiative:
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
- Analytical approach:
Monitoring
- Startdate:
2003
- Enddate:
2004
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Gegenstand und Ziel der Untersuchung
Ziel dieses vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung initiierten Projekts war es, eine Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Entwicklungsstandes und der zukünftigen Potenziale der Leichter-als-Luft(LaL)-Technologie durchzuführen und dabei die teilweise bestehenden optimistischen Erwartungen auf ihren realistischen Kern hin zu untersuchen. Hierfür wurden Einsatzfelder und Marktpotenziale der LaL-Technologie identifiziert, der Bedarf an weiterer Forschung und Entwicklung zur Realisierung dieser Potenziale analysiert und aufgezeigt, welche Handlungsoptionen von staatlicher Seite zur Förderung der weiteren Entwicklung der LaL-Technologie bestehen.
Ergebnisse
Einsatzfelder und Marktpotenziale
Werbung und Tourismus (Rundflüge) sind die etablierten kommerziellen Einsatzfelder der derzeit existierenden kleinen und mittelgroßen (Zeppelin NT) Luftschiffe. Diese Felder könnten von den erprobten Technologien ausgehend schrittweise intensiver besetzt werden. Größere Technologiesprünge sind hierfür nicht erforderlich. Der Einsatz dieser Luftschiffe als Missionsplattformen (z.B. für TV-Übertragungen, Umwelt-Monitoring oder Minensuche) bietet sich vor allem als Mitnahmemarkt an.
Zukunftspotenziale könnten sich für die LaL-Technologie insbesondere bei Stratosphärenplattformen, d.h. bei in großer Höhe (ca. 20 km) operierenden Luftschiffen für Telekommunikation und Überwachungsaufgaben, sowie im Cargo-Markt eröffnen. Diese Märkte können aber nur mit großen Luftschiffen von 250 m Länge und mehr bedient werden. Die hierfür notwendigen Technologien befinden sich aber teilweise noch im Stadium der Grundlagenforschung. In Anbetracht der langen Entwicklungszeiten und der hohen Kosten ist es fraglich, ob in absehbarer Zeit potenzielle Investoren dieses hohe Risikopotenzial auf sich nehmen werden.
Forschungs- und Entwicklungsbedarf
Luftschiffprojekte bauen auch heute noch auf einer vergleichsweise dünnen Daten- und Wissensbasis auf, die in erheblichem Umfang auf etwa 40 bis 60 Jahre alten Quellen (Zeppelin Archiv, NASA Reports) basiert. Deshalb ist die LaL-Technologie von einem Optimierungsstadium – wie es in der allgemeinen Luftfahrt erreicht ist – noch relativ weit entfernt. FuE-Bedarf besteht in einer Vielzahl von Feldern, z.B. bei der Entwicklung von geeigneten Hüllenmaterialien, Antriebs- und Steuerungstechnologien sowie beim Traggasmanagement.
Umwelt und Sicherheit
Die heute operierenden Luftschiffe sind vergleichsweise emissionsarme und damit umweltfreundliche Verkehrsträger. Ob diese Einschätzung auch für neu zu entwickelnde Großluftschiffe zutrifft, kann erst nach differenzierter Analyse des konkreten Anwendungsfalls gesagt werden: So ist z.B. zu berücksichtigen, dass ein größerer Querschnitt mehr Luftwiderstand und damit einen höheren Energiebedarf erzeugt. Auch steigt der Energiebedarf, wenn die zu erreichende Reisegeschwindigkeit höher gewählt wird oder wenn diese unter schwierigen Witterungsbedingungen (z.B. starker Gegenwind) erreicht werden soll.
Der Betrieb von Luftschiffen könnte nahezu emissionsfrei gestaltet werden, wenn es gelänge, regenerative Energien (Solarzellen, regenerativ erzeugter Wasserstoff, Brennstoffzellen) in das Antriebssystem zu integrieren. Ein Dauereinsatz von Luftschiffen in der Stratosphäre wäre ohne regenerative Technologien nur schwer vorstellbar.
Luftschiffe sind nicht »per se« sicherer als Flugzeuge, auch wenn die Gefahr eines abrupten Absturzes kaum besteht. Kabine und andere Sicherheitseinrichtungen werden konstruktiv so ausgelegt, dass insgesamt gesehen von einem etwa gleich hohen Sicherheitsniveau wie bei Flugzeugen ausgegangen werden kann.
Handlungsoptionen
Zur staatlichen Unterstützung der Ausschöpfung der dargestellten Potenziale der LaL-Technologie kommt eine Reihe von Handlungsoptionen in Betracht, die als Bausteine einer flexiblen und angepassten Förderstrategie umgesetzt werden können. Dazu zählen u.a.:
Aufbau einer »Leichter-als-Luft«-Forschungs- und Entwicklungsstelle
Mit der LaL-Technologie sind hohe Entwicklungsrisiken auf einem breiten technologischen Feld verbunden. Damit diese Aufgabe von den Akteuren, die die LaL-Forschung und -Entwicklung betreiben, gemeistert werden kann, wäre eine logistische und koordinierende Unterstützung in Form einer »LaL-Forschungs- und Entwicklungsstelle« ins Auge zu fassen. Diese könnte als Multiplikator zur Sicherung der Technologieführerschaft Deutschlands wirken.
Wissensbasis verbreitern und Erfahrungsaustausch intensivieren
Eine weitere Möglichkeit, das relativ weit verstreute Wissen zu bündeln, bestünde darin, den wissenschaftlichen Austausch in Deutschland aber auch weltweit zu fördern. Die Fachgruppe »Leichter als Luft« der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrttechnik (DGLR) veranstaltet regelmäßig Konferenzen zu LaL und verwandten Themen. Es wäre zu erwägen, Aktivitäten wie diese – auch im europäischen Rahmen – zu verstärken.
Verlässliche Regeln und Standards schaffen
Zur Entwicklung, zum Bau und zum Betrieb von Luftfahrtgeräten sind allgemein gültige und international harmonisierte Regeln und Standards erforderlich. Für Luftschiffe existieren solche Vorschriften nur rudimentär, von einer internationalen Harmonisierung kann keine Rede sein.
Eine proaktive Rolle von Luftfahrt-Bundesamt und EASA (European Aviation Safety Agency) bei der Ausarbeitung und internationalen Harmonisierung dieser Regularien wäre ebenso wünschenswert wie eine intensive entwicklungsbegleitende Kooperation mit Hersteller- und Betreiberunternehmen.
Flexibles Förderprogramm auflegen
Unter der Bedingung, dass die Ausschöpfung der dargestellten Potenziale der LaL-Technologie als wirtschaftlich und gesellschaftlich wichtig eingeschätzt wird und die Technologieführerschaft Deutschlands auf diesem Gebiet erhalten werden soll, wäre zu prüfen, ob die öffentliche Hand – unter Mobilisierung industrieller Eigenmittel – ein Förderprogramm auflegen sollte, um die technologische Machbarkeit insbesondere von Stratosphärenplattformen und Luftschiffen zum Schwerlasttransport zu demonstrieren sowie den Bau von Prototypen voranzutreiben. Orientierung für die Ausgestaltung könnten beispielsweise die aktuellen Stratosphärenplattform-Programme in Japan bzw. in den USA bieten.
Publikationen
Grünwald, R.; Oertel, D.
2004. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137541
Grünwald, R.; Oertel, D.
2004. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000102278