Online-Bürgerbeteiligung an der Parlamentsarbeit
Der Deutsche Bundestag nutzt seit mehr als 10 Jahren das Internet, um die Bevölkerung an der Parlamentsarbeit zu beteiligen. Einzelne Ausschüsse und Kommissionen erproben Formen der Online-Bürgerbeteiligung, wie die interaktive Kommunikation in sozialen Medien, Debatten in Onlineforen sowie Konsultationen und die Mitarbeit an Dokumenten. Der TAB-Arbeitsbericht Nr. 173 diskutiert die Erfahrungen mit den unterschiedlichen Beteiligungsangeboten und zeigt auf, welche Bedingungen und Gestaltungsoptionen für die Weiterentwicklung der Angebote bestehen.
Unter Online-Bürgerbeteiligung werden Angebote verstanden, die es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, mithilfe des Internets Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Im Fokus des Berichts steht die Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« des 17. Deutschen Bundestages (Internet-Enquete), die sich selbst als »Experimentierfeld« der Online-Bürgerbeteiligung verstand. Ausgehend von den Herangehensweisen der Internet-Enquete werden die Erfahrungen mit Beteiligungsangeboten des Ausschusses Digitale Agenda und der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe diskutiert. Auch das Jugendportal mitmischen.de als interaktives Onlineangebot des Parlaments für junge Menschen und die elektronischen Petitionen wurden in die Untersuchung einbezogen. Ziel der Untersuchung war eine Analyse der neuartigen Herangehensweisen und ihrer Auswirkungen auf die Parlamentsarbeit sowie die Formulierung von Handlungsoptionen für die weitere Entwicklung der Online-Bürgerbeteiligung beim Deutschen Bundestag.
Grundsätzlich können von der Online-Bürgerbeteiligung positive Impulse bzw. Wirkungen für das Verständnis der Parlamentsarbeit, die Meinungsbildung und politisches Engagement ausgehen. Sie kann helfen, Argumente, Expertisen und Positionen der Bevölkerung sowie von Fachkreisen in politische Prozesse einzubringen. Sie stößt jedoch an Grenzen, wenn durch ungünstige Gestaltung entsprechender Verfahren Einzelne bzw. Bevölkerungsgruppen von einer Teilnahme ausgeschlossen sind, Manipulationen zu Verzerrungen der Ergebnisse führen oder keine Einbindung der Beiträge in den parlamentarischen Ablauf erfolgt.
Die Erfahrungen mit den Angeboten des Bundestages werden von den Beteiligten und von externen Beobachtern nicht nur positiv bewertet. Zwar erreichte die Internet-Enquete große Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und sorgte mit Transparenzangeboten und der Nutzung einer Beteiligungsplattform für Innovationen im parlamentarischen Prozess. Die elektronischen Petitionen, mit mehr als 2 Mio. registrierten Teilnehmenden eines der am stärksten genutzten Onlineangebote des Bundestages, erfahren als kontinuierlich weiterentwickeltes und rechtlich geregeltes Beteiligungsverfahren internationale Beachtung. Doch andere Beteiligungsangebote des Bundestages erreichen z. T. nur einen geringen Bekanntheitsgrad, bleiben hinter den an sie geknüpften Erwartungen zurück oder weisen Mängel in der Umsetzung auf.
Für eine Verstetigung und Weiterentwicklung der Online-Bürgerbeteiligung beim Deutschen Bundestag ist vor allem die Frage zu klären, welche Form der Beteiligung gewünscht ist, ansonsten besteht die Gefahr, dass Erwartungen enttäuscht werden und sich ein Legitimationsverlust einstellt. Als Formate der Online-Bürgerbeteiligung kommen insbesondere Konsultationen infrage, die früh im Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung durchgeführt werden. Die Verfahren müssen außerdem klar geregelt und Zielgruppen bestimmt werden, um die Erfolgschancen zu erhöhen.
Die wichtigsten Ergebnisse des Berichts werden auch in den zugehörigen TAB-Fokus-Ausgaben (de/en) dargestellt.
20.11.2017
Downloads:
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TAB-Arbeitsbericht Nr. 173
Online-Bürgerbeteiligung an der Parlamentsarbeit. Endbericht zum TA-Projekt. -
TAB-Fokus Nr. 13
Online-Bürgerbeteiligung an der Parlamentsarbeit. -
TAB-Fokus no. 13
Online citizen participation in parliamentary work.
Weiterführende Informationen: