Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr
Die internationale Luftfahrt hat Schätzungen zufolge einen Anteil von ca. 3,5 bis 5 % an der anthropogenen Erwärmung. Zudem haben sich die von nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung verursachten klimaschädlichen Emissionen durch den Luftverkehr in den letzten 20 Jahren etwa verdoppelt und könnten angesichts des angenommenen Wachstums der Luftfahrt weltweit und in Deutschland ohne entsprechende Maßnahmen 60 % mehr CO2-Emissionen verursachen als noch 2019. Dabei steht CO2 nur für rund ein Drittel der Klimawirkung des Luftverkehrs. Die Nicht-CO2-Effekte – Rußpartikel, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxide (NOX), die zur Bildung von Kondensstreifen und Zirruswolken führen – spielen sogar eine weitaus bedeutendere Rolle, sind allerdings wissenschaftlich noch nicht in Gänze verstanden. Die Klimawirkung variiert zudem in Abhängigkeit von den zurückgelegten Strecken, den Reiseflughöhen sowie den eingesetzten Flugzeugen.
Gegenwärtige Aktivitäten auf europäischer Ebene, etwa die Verschärfung des Emissionshandels oder neue Anreize zur Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe, sind wichtige Treiber zur Weiterentwicklung des internationalen politisch-regulatorischen Rahmens für die Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs. Für die Entwicklung einer klimaneutralen Luftfahrt kommt deshalb politischen Strategien des Bundes und entsprechender Regulierung und Innovationsförderung eine entscheidende Rolle zu, um technischen Innovationen zur klimaverträglichen Gestaltung des Luftverkehrs jetzt und in Zukunft zu unterstützen.
Neben der Optimierung der Lenkung von herkömmlichen Flugzeugen in der Luft zählen hierzu insbesondere nachhaltige Flugkraftstoffe, wie Biokraftstoffe oder E-Fuels, etwa auf Basis von grünem Wasserstoff, sowie neue Antriebskonzepte, wie elektrische Triebwerke, Wasserstoffbrennzellen oder Hybridsysteme, aber auch neue Designs, um etwa die Anforderungen zu berücksichtigen, die durch neue Antriebskonzepte und nachhaltige Flugkraftstoffe entstehen.
Mithilfe der genannten Innovationen im Kraftstoff- und Antriebsbereich lässt sich das Maß des Emissionsanstiegs begrenzen und so eine klimaverträglichere Luftfahrt gestalten. Bei der Umsetzung der möglichen Lösungsansätze kann dabei auf eine innovationsfähige Akteurslandschaft zurückgegriffen werden. Dadurch kann die deutsche Luftfahrtindustrie aufgrund der vorhandenen Technologieführerschaft einer Vorreiterrolle bei der Entwicklung klimaneutraler Flugzeuge spielen.
Klar ist aber auch: Eine vollständig klimaneutrale Luftfahrt lässt sich ohne eine Kompensation der Emissionen, eine Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre sowie eine Vermeidung von Flügen bzw. eine Verlagerung von Flügen auf andere Verkehrsträger nicht erreichen. Und: Keine der betrachteten Konzepte und Strategien ist für sich genommen ausreichend, um die Emissionsziele zu erreichen, sondern es braucht eine Kombination unterschiedlicher Maßnahmen, die die jeweiligen Stärken und Schwächen der Innovationen sowie unterschiedliche Anwendungsbereiche berücksichtigt. Nachhaltige Kraftstoffe stellen dabei den wichtigsten Innovationsbereich mit kurzfristigem Zeithorizont dar, da sie bereits heute in der Bestandsflotte einsetzbar sind und Emissionen senken können.
Kurzfristig realisierbare Maßnahmen zum sofortigen Einsparen von Emissionen könnten deshalb eine Reduzierung des Aromatenanteils im Kerosin und die Erhebung einer Kerosinsteuer sein. Zu Maßnahmen, die erst mittel- bis langfristig ihre Wirkung erzielen, gehören beispielsweise die Vereinfachung von Standards und Zulassungsverfahren, damit innovative Lösungen ihr Potenzial entfalten können, „Klimafreundlich-Labels“ zur Steuerung der Nachfrage von Fliegenden sowie die Schaffung eines verlässlichen Investitions- und Innovationsumfeldes durch die Politik.
Die TAB-Kurzstudie Nr. 6 gibt vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einen Überblick über wesentliche technische Innovationsfelder, die zu einer klimaverträglicheren Luftfahrt beitragen können. Im Fokus stehen die beiden Innovationsbereiche Kraftstoffe und Antriebskonzepte, die hinsichtlich ihrer Potenziale und Risiken analysiert werden. Hinzu kommen weitere Ansätze wie die Kompensation von Emissionen, die Steigerung der Effizienz sowie die Vermeidung von Flügen. Angesichts gesellschaftlicher, ökonomischer, ökologischer und politischer Treiber und Hemmnisse im Umfeld der Luftfahrt sowie einer Stärken-Schwächen-Analyse des deutschen Luftfahrtinnovationssystems werden schließlich Handlungsfelder und -optionen aufgezeigt, die sich politischen Entscheidungsträgern bei der Gestaltung einer klimaneutralen Luftfahrt bieten. Eine ausführliche Zusammenfassung der Kurzstudie mit zentralen Ergebnissen ist auf der Projektseite zu finden und der Publikation vorangestellt.
08.05.2024
Download und weitere Informationen
- TAB-Kurzstudie Nr. 6
Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr (PDF)
doi:10.5445/IR/1000170399 - Projektseite Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr