Resilienz von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch bessere Krisenvorsorge stärken

Neue TAB-Studie zeigt Handlungsoptionen für eine bessere Krisenfrüherkennung und eine präventive Resilienzpolitik auf
Cover: TAB-Arbeitsbericht Nr. 209 Krisenradar – Resilienz von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch Krisenvorhersage stärken
TAB-Arbeitsbericht Nr. 209: Krisenradar – Resilienz von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch Krisenvorhersage stärken

Eine Vielzahl weltweit vernetzter Risikolagen erhöht die Bedrohung durch systemische Krisen. In Deutschland hat sich den vergangenen Jahrzehnten ein vielschichtiges System zur Frühwarnung, Risikoabschätzung und Krisenbewältigung entwickelt, das sich bei der Adressierung singulärer und kalkulierbarer Risiken weitgehend bewährt hat. Die klassischen Mechanismen reichen jedoch nicht mehr aus, um Krisen mit systemischem Charakter adäquat zu begegnen und die Resilienz von Gesellschaften zu erhalten. Die TAB-Studie „Krisenradar – Resilienz von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch Krisenvorhersage stärken“ zeigt Handlungsbedarfe für die Politik auf und macht Vorschläge für einen besseren Umgang mit systemischen Risiken.

Ansatzpunkte für eine verbesserte Krisenvorhersage

In Deutschland befassen sich zahlreiche Institutionen, Behörden und Gremien auf unterschiedlichen Ebenen mit dem frühzeitigen Erkennen von Krisen und der Identifikation damit verbundener Vulnerabilitäten. Die gewonnenen Erkenntnisse werden jedoch häufig nicht ausreichend genutzt, vernetzt und in politische Prozesse integriert. Die Hauptaufgabe zur Verbesserung der Krisenvorhersage besteht daher darin, geeignete Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Ebenen zu schaffen, um Analysen und Bewertungen über Ressort-, Fach- und Verwaltungsgrenzen hinweg zu erleichtern. Dabei geht es vor allem um die Integration, Vernetzung, Koordination und Kooperation der verschiedenen politischen Ebenen, Ressorts und der damit verbundenen Institutionen, Behörden, Frühwarnsysteme und Instrumente.

Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der Anwendung von Frühwarnsystemen, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, lassen sich mehrere politisch relevante Handlungsoptionen ableiten. Dazu zählt, Frühwarnsysteme um Vulnerabilitätsanalysen, Stresstests und Resilienzanalysen zu systemischen Risiken zu erweitern, um strukturelle Schwachstellen zu erkennen und abbauen zu können. Darüber hinaus müssen umfassende Risikoszenarien in der Politik mehr Aufmerksamkeit erhalten, die im Sinne eines All-Gefahren-Ansatzes die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Politikbereichen und Sektoren in den Mittelpunkt stellen. Frühwarnung sollte zudem stärker durch Modellierung und KI unterstützt werden, um die Genauigkeit von Vorhersagemodellen zu erhöhen und die Auswahl von Präventivmaßnahmen und politischen Entscheidungen zu unterstützen.

Transformative Resilienz als Leitkonzept für die Politik

Die Autorinnen und Autoren der TAB-Studie empfehlen zudem, die Leitkonzepte Resilienz und Nachhaltigkeit auf politischer Ebene zu einem transformativen Resilienzverständnis zusammenzuführen. Transformative Resilienz bezeichnet die Fähigkeit, unter unsicheren und sich wandelnden Bedingungen eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft erfolgreich voranzubringen. In diesem Sinne sollten auch die vorhandenen Kapazitäten und Strukturen des Deutschen Bundestages besser für eine präventive und transformative Resilienzpolitik genutzt werden.

Der TAB-Arbeitsbericht Nr. 209 ordnet das Resilienzkonzept in die aktuellen wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Debatten ein und gibt einen Überblick über grundsätzliche Handlungsfelder. Dargestellt und analysiert werden internationale und nationale Frühwarnsysteme und ihr Funktionieren, ihre Stärken und Schwächen insbesondere während COVID-19-Pandemie und welche Erkenntnisse sich daraus für die Früherkennung zukünftiger Pandemien und potenzieller Krisen ableiten lassen. Ein systematischer Überblick über zukünftig absehbare systemische Risiken wird ergänzt durch exemplarische Resilienzanalysen zweier kritischer Infrastrukturbereiche, des Gesundheitssystems sowie des Verkehrssystems mit Fokus auf die Verkehrsträger Straße und Schiene, jeweils im Hinblick auf das systemische Risiko Klimawandel. Dabei werden Schwachstellen identifiziert und Ansätze zur Verbesserung der Resilienz abgeleitet. Auf Basis der Gesamtanalyse werden Handlungsoptionen abgeleitet, wie die Krisenvorhersage und -vorsorge in Deutschland zur Stärkung der Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft verbessert werden kann. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, wie die Themen Früherkennung und Krisenvorsorge auf der Ebene der Parlamentsarbeit des Deutschen Bundestages stärker verankert werden können.

Die wichtigsten Ergebnisse sind im vierseitigen TAB-Fokus Nr. 45 und dessen Webversion auf der Projektseite dargestellt. Eine ausführliche Zusammenfassung (20 S.) ist dem Endbericht vorangestellt.

26.06.2024

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