Petitionen an den Deutschen Bundestag – Bekanntheit und Nutzung
- Projektteam:
Britta Oertel (Projektleitung); Carolin Kahlisch
- Themenfeld:
- Themeninitiative:
Petitionsausschuss
- Analyseansatz:
Empirische Untersuchung
- Starttermin:
2019
- Endtermin:
2020
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Gegenstand und Ziel der Untersuchung
»Jedermann« hat nach Artikel 17 des Grundgesetzes das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an den Deutschen Bundestag zu wenden. Allein im Jahr 2019 wurden ca. 13.500 Petitionen an den Deutschen Bundestag gerichtet. Sie betrafen sowohl grundsätzliche als auch persönliche Anliegen. Petitionen erreichen den Petitionsausschuss per Post, Fax oder über das E-Petitionsportal des Deutschen Bundestages. Hier können Petitionen nicht nur eingereicht, sondern auch zur Bekanntmachung, Mitzeichnung und Diskussion veröffentlicht werden. Ende des Jahres 2019 waren ca. 3,3 Mio. Personen für diese Plattform angemeldet.
Über seine Tätigkeit legt der Ausschuss jährlich ausführlich Bericht ab und wertet dazu die verfügbaren Prozessdaten aus. Zu den Petentinnen und Petenten sowie den Nutzerinnen und Nutzern des E-Petitionsportals werden Daten jedoch nur sparsam und im erforderlichen Maß erhoben, um deren Persönlichkeitsrecht und Privatsphäre zu schützen. Soziodemografische Merkmale für statistische Zwecke zählen nicht dazu, daher liegen dem Petitionsausschuss nur wenige Informationen darüber vor, wer Petitionen an den Deutschen Bundestag richtet und unterstützt. Diese Lücke schließt der vorliegende Bericht. Im Mittelpunkt stehen drei Kernfragen:
- Wem ist das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag zu wenden, bekannt bzw. nicht bekannt?
- Falls bekannt, wie haben die Befragten von diesem Recht erfahren?
- Wer nutzt das Recht, Petitionen beim Deutschen Bundestag einzureichen, zu veröffentlichen, zu diskutieren oder zu unterstützen?
Zur Beantwortung wurden drei Befragungen durchgeführt, die folgende Personengruppen adressierten:
- Internetnutzerinnen und -nutzer mit Wohnsitz in Deutschland (repräsentative Onlinebefragung).
- Personen, die die E-Petitionsportal des Deutschen Bundestages nutzen, um Petitionen einzureichen, mitzuzeichnen bzw. zu diskutieren und
- Personen, die auf postalischem Weg eine Petition an das Parlament richten.
Zentrale Ergebnisse
In Bezug auf die Kernfragen des Projekts zeigen sich folgende zentrale Ergebnisse:
- Das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag zu wenden, ist 70% der deutschen Wohnbevölkerung bekannt. Männer haben häufiger Kenntnis des Petitionsrechts als Frauen, auch erhöht sich der Anteil derjenigen, die das Petitionsrecht kennen, mit zunehmendem Alter. Befragte mit (Fach-)Abitur kennen das Petitionsrecht eher.
- Klassische Medien wie Fernsehen, Radio und Printmedien sind am häufigsten die Informationswege, über die Menschen vom Petitionsrecht beim Deutschen Bundestag gehört haben. Allerdings erfahren viele Menschen auch über soziale Medien, durch Familie und Bekannte oder während ihrer Schulzeit von Petitionen.
- Die Nutzerschaft des Portals des Petitionsausschusses beim Deutschen Bundestag spiegelt nicht den Durchschnitt der Bevölkerung wider. Die Nutzenden sind häufiger männlich und eher im mittleren Alter. Sie verfügen mehrheitlich über einen höheren Bildungsabschluss. Vom Petitionsportal bzw. von aktuellen Petitionen erfahren sie über den Familien- und Bekanntenkreis sowie über die sozialen Medien.
- Das Recht, Petitionen in eigener Sache postalisch beim Deutschen Bundestag einzureichen, nutzen vor allem ältere Menschen. Postalische Petentinnen und Petenten sind in der Regel nicht mehr erwerbstätig. Bei einem guten Drittel wurde eine Behinderung festgestellt.
- Die Bereitschaft zum Mitzeichnen von Petitionen ist in der Bevölkerung hoch. Jede vierte Person hat bereits eine Petition beim Deutschen Bundestag unterstützt, meist über eine handschriftliche Unterschriftenliste.
- Der Petitionsausschuss des Bundestages selbst verbreitet keine Hinweise auf
neue öffentliche Petitionen. Die Ergebnisse der Repräsentativbefragung wie
auch der Nutzerschaft des E-Petitionsportals liefern Hinweise, dass Messengerdienste wie WhatsApp ein Informationspfad sein könnten, um interessierteNutzende des E-Petitionsportals regelmäßig zu informieren und
für kontinuierliche Aktivitäten des Mitzeichnens oder Diskutierens zu motivieren. - Außerparlamentarische Petitions- und Kampagnenportale sind den Befragten der Repräsentativbefragung und den postalischen Petentinnen und Petenten nur in geringem Maße bekannt. Nutzende des E-Petitionsportals des Deutschen Bundestages kennen allerdings in der Regel nicht nur dieses Portal, sondern auch die außerparlamentarischen Petitions- und Kampagnenportale Petitionsportale und nutzen diese gleichermaßen für Einreichungen und Mitzeichnungen.
- Vor allem die Ergebnisse der repräsentativen Bevölkerungsbefragung bezeugen, dass sich die Bevölkerung auch an Schlichtungsstellen in Bereichen des öffentlichen Rechts wie Datenschutz- und Migrationsbeauftragte oder Antidiskriminierungsstellen wendet.
Aus den Ergebnissen ergeben sich mögliche Optionen für die Fortführung der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zu Petitionen.
Publikationen
Kahlisch, C.; Oertel, B.
2020. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000131031
Kahlisch, C.; Oertel, B.; Evers-Wölk, M.
2020, November. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000127171
Weitere Publikationen zum Thema Petitionen
Oertel, B.; Kahlisch, C.; Albrecht, S.
2018. Nomos Verlagsgesellschaft
Oertel, B.; Kahlisch, C.; Evers-Wölk, M.; Henseling, C.; Nolte, R.; Odenbach, J.; Sonk, M.
2018. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000133425
Oertel, B.; Kahlisch, C.; Albrecht, S.
2018. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Oertel, B.; Kahlisch, C.; Albrecht, S.; Odenbach, J.
2017. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103101
Oertel, B.; Kahlisch, C.; Albrecht, S.
2017, März. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Oertel, B.; Kahlisch, C.; Albrecht, S.
2017, März. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Riehm, U.; Böhle, K.; Lindner, R.
2014. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Riehm, U.; Böhle, K.; Lindner, R.
2011. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137567
Riehm, U.; Böhle, K.; Lindner, R.
2011. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/310085929
Riehm, U.; Coenen, C.; Lindner, R.; Blümel, C.
2009. edition sigma
Riehm, U.
2009. TAB Brief, (36), 20–21
Lippa, B.; Kubicek, H.; Bröchler, S.
2009. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000133368
Riehm, U.
2008. TAB-Brief, (34), 20–27
Riehm, U.; Coenen, C.; Lindner, R.; Blümel, C.
2008. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137967
Riehm, U.; Coenen, C.; Lindner, R.; Blümel, C.
2008. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103594
Riehm, U.
2007. TAB-Brief, (32), 35–38
Riehm, U.
2007. TAB-Brief, (31), 47–49