Mediennutzung und eLearning in Schulen
- Projektteam:
Christoph Revermann (Projektleitung), Peter Georgieff, Simone Kimpeler
- Themenfeld:
- Themeninitiative:
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
- Analyseansatz:
Monitoring
- Starttermin:
2006
- Endtermin:
2007
sprungmarken_marker_2114
Gegenstand und Ziel der Untersuchung
Das Thema wurde anhand einer vertieften systematischen Beschreibung und Analyse der technologischen, gesellschaftlichen und politischen Optionen zur Implementierung von eLearning-Instrumentarien im Kontext geeigneter zielgruppenorientierter »virtueller Schulangebote« bearbeitet. Zur besseren Einordnung und Beurteilung der gewonnenen Erkenntnisse ist beispielhaft die Situation im Ausland beleuchtet und der Situation in Deutschland gegenübergestellt worden. Ein solcher Vergleich sollte Erfahrungsvorsprünge in anderen Ländern auch im Sinne von konkreten Möglichkeiten des Transfers auf deutsche Gegebenheiten identifizieren sowie entsprechende Handlungsoptionen aufzeigen. Konkret wurden die Konzepte und der Entwicklungsstand, aber auch Erfahrungen, Stellenwert und Potenziale des eLearnings für schulisches Lernen und Lehren in Deutschland sowie die Bedeutung für schulisches Wissensmanagement und Schulentwicklung in den Blick genommen. Vorhandene Sekundäranalysen, Studien und Evaluationen wurden ausgewertet, um einen Überblick über die maßgeblichen deutschen eLearning-Aktivitäten im Bereich Schule zu gewinnen. Im Vordergrund standen dabei u.a. folgende Fragestellungen:
- Welche multimedialen Lern-/Lehrangebote, welche Materialien unterschiedlichen Umfangs, welche Lernumgebungen wurden und werden entwickelt und eingesetzt?
- Welche Programme, (Förder-)Konzepte, Netzwerke und Akteure sind beteiligt? Welche Bildungskonzepte verfolgen sie?
- Welche technischen, pädagogischen, didaktischen und organisatorischen Aspekte standen und stehen bei der Entwicklung und dem Einsatz von schulischen eLearninginhalten im Vordergrund?
- Konnten die angestoßenen und erhofften innovativen Entwicklungen mithilfe des Einsatzes von eLearning erreicht werden, welche Erfolge oder Defizite sind zu verzeichnen, welche technisch-organisatorischen und pädagogisch-didaktischen Konzepte, Methoden und Instrumente können ggf. die angestrebten Ziele am besten realisieren?
- Welche Erkenntnisse lassen sich aus den bisherigen Erfahrungen laufender Projekte, Programme und Implementierungen für die strategische Bedeutung, die Zielsetzungen und die Instrumentenwahl des Einsatzes von eLearning in Unterricht und Schule gewinnen, insbesondere auch im Hinblick auf die Situation der schulischen Bildung in Deutschland im Kontext des internationalen »Bildungswettbewerbs«?
Ergebnisse
Mediennutzung und -potenziale
In den Schulen können die neuen Medien durch ihre besonderen Merkmale – wie Interaktivität, Vernetzung und Multimedialität – potenziell zur Verbesserung der didaktischen und methodischen Qualität des Unterrichts beitragen. Neue Medien ermöglichen neue Lehr- und Lernformen sowie die individuelle Förderung jedes einzelnen Schülers. Multimediale Lernprogramme bieten den Lernenden die Möglichkeit, ihren Lernprozess individuell zu gestalten. Auch kann Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation für die Informations- und Kommunikationsgesellschaft am besten durch den Einsatz von Neuen Medien in Schulen vermittelt werden. Zu konstatieren ist jedoch auch, dass die für das Lernen wichtigen Aspekte wie Motivation, Emotion, Kognition, den Lernprozess stark beeinflussen und in gegenseitiger Wechselbeziehung stehen, im Blick auf das mediale Lernen bislang jedoch kaum berücksichtigt werden.
Im Gegensatz zu der guten Medienausstattung von familiären Haushalten mit Kindern und Jugendlichen erweist sich die technische Ausstattung der Schulen und sonstiger Lernorte als weniger gut. Auch im internationalen Vergleich schneidet Deutschland hier schlecht ab. Fast alle allgemeinbildenden Schulen in Deutschland verfügen über Lernsoftware, jedoch nur wenige über multimediale Nachschlagewerke und Software mit Werkzeugcharakter. Es herrscht ein Mangel an Programmen, die es den Lehrkräften ermöglichen, selbst Software oder Unterrichtsmaterialien zu erstellen. Dass Deutschland nach der Studie PISA 2003 unter allen Industriestaaten das Land ist, in dem der Computer am seltensten als regelmäßiges Lerninstrument eingesetzt wird, dürfte nicht zuletzt an den fehlenden bzw. unspezifischen Vorgaben zum IKT-Einsatz in den Bildungsplänen vieler Bundesländer liegen. Insbesondere der Einsatz von Computern für Schüler mit speziellen Bedürfnissen und Behinderungen ist in Deutschland ausbaufähig und liegt weiter unterhalb des EU-Durchschnitts. Auffällig ist die teilweise große Skepsis, mit der die deutschen Lehrkräfte dem Einsatz von IKT gegenüber stehen, wie auch ihre IKT-Kenntnisse insgesamt eher kritisch eingeschätzt werden.
Schulisches eLearning in anderen Staaten
Großbritannien nimmt bei eLearning-Aktivitäten im Bereich Bildung international eine führende Rolle ein. Im Schulbereich sind IKT-bezogene Inhalte im gesamten Curriculum verankert und fester Unterrichtsbestandteil in den meisten Fächern. Die Lehrer stehen der IKT-Nutzung im internationalen Vergleich positiv gegenüber und verfügen über gute Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit Computern. Schüler und Lehrer profitieren von vielfältigen Lehr-/Lernmaterialien, Lehrkräfte und Schulleitung sehen sich einem wachsenden Aus- und Weiterbildungsangebot im Bereich IKT gegenüber. Eine umfassende Evaluation der nationalen eLearning-Strategie im Jahre 2006 identifizierte aber auch Schwachstellen: Es bestehen Zweifel, ob die verfügbaren Materialien im Unterricht immer effektiv genutzt werden, auch weil die Lehrenden oftmals nicht in der Lage sind, die Qualität der Materialien zu beurteilen.
eLearning hat in der Schweiz auf breiter Ebene Einzug in den Unterrichtsalltag gehalten. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Organisationen, die sich gezielt mit der Einführung und pädagogisch sinnvollen Nutzung von IKT im Schulwesen beschäftigen. Viele dieser Akteure fördern innovative Projekte in den einzelnen Kantonen. Auch die Privatwirtschaft engagiert sich im Bereich eLearning und unterstützt die Schulen durch die Bereitstellung von Technik, Support oder Schulungen. Besonderer Wert wird auf die IKT-bezogene Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte und ihrer Ausbilder gelegt. An den Universitäten sind die IKT und deren Einsatzmöglichkeiten im Unterricht obligatorischer Bestandteil der Lehrerausbildung für alle Schulstufen. Auch die Schüler werden durch zielgruppenspezifisch konzipierte Plattformen beim eLearning unterstützt. Die Palette der Angebote zu Hausaufgabenhilfe oder Lernsoftware ist groß. In Zukunft muss es darum gehen, die Nachhaltigkeit der bisherigen Bemühungen zu sichern sowie die interkantonale Zusammenarbeit weiter zu forcieren.
Finnland gilt weltweit als ein Vorreiter im Bildungsbereich. Der Erfolg Finnlands hat in den letzten Jahren ein stetig wachsendes internationales Interesse am finnischen Schulsystem geweckt. Das Land hat sich früh auf eine umfassende Strategie zur Entwicklung des eLearnings verständigt und den Aufbau der Infrastruktur in den einzelnen Bildungseinrichtungen und die Entwicklung von digitalen Lehrmaterialien vorangetrieben. Für alle Bildungsbereiche wurden Programme aufgelegt und Einrichtungen aufgebaut, beginnend mit einem Netzwerk für den Vorschulbereich bis hin zu einer Virtuellen Universität und einer Open University. Nach einer Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006 liegt die Schüler-Computer-Relation in finnischen Schulen mit 6:1 deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Im Gegensatz zu den relativ positiv klingenden programmatischen Aussagen scheint jedoch die Praxis teilweise anders auszusehen. So verweisen Lehrpersonen in nationalen Untersuchungen als Grund für die unter den prinzipiellen Möglichkeiten liegende IKT-Nutzung auf das Fehlen von passenden digitalen Lernmaterialen.
eLearning-Aktivitäten in deutschen Schulen
Zwar werden in Deutschland eLearning-Strategien und -Aktionspläne auch auf Bundesebene entworfen, letztlich entscheidet aber jedes Landes-Kultusministerium, inwieweit eLearning und der Erwerb von Medienkompetenz bei Lehrkräften und Schülern in die eigenen Schulgesetze, Bildungspläne, Lehrpläne etc. eingebunden und damit wegweisend für die Praxis in den jeweiligen Schulverwaltungs- bzw. Regierungsbezirken werden soll. In der Praxis bedeutet dies, dass eine Vielzahl von Strategien und Förderansätzen parallel verfolgt wird, ohne dass sie ausreichend untereinander abgestimmt werden bzw. Synergiepotenziale nutzen können. Ein Vergleich der Ansätze in den Bundesländern zeigt zudem, dass sie sich inhaltlich nicht so sehr unterscheiden. Somit besteht ein weiterer Grund für eine engere Abstimmung der Maßnahmen: Die Möglichkeit des Lernens voneinander bei der Umsetzung einzelner eLearning-Maßnahmen könnte durch den Ausbau von Informationsplattformen zum Erfahrungsaustausch der Lehrkräfte und der stärkeren Vernetzung bei der Entwicklung didaktischer Lösungen verbessert werden.
Bisher publizierte Berichte aus der wissenschaftlichen Begleitung der Fördermaßnahmen zum Einsatz von eLearning zeigen, dass für eine zielführende Nutzung der Potenziale Neuer Medien geeignete bildungspolitische, pädagogische und didaktische Konzepte erforderlich sind. Aus der Analyse der Schulgesetze und Lehrpläne sowie der Zielsetzungen der meisten Förderinitiativen geht jedoch hervor, dass es letztlich den Lehrenden überlassen bleibt, entsprechende Informationen über Lösungen, Werkzeuge oder Maßnahmen zu recherchieren und umzusetzen. Durch diese Individualisierung der Umsetzung der Lehrpläne wird der Austausch über Good Practices oder unterstützende Informationen unnötig erschwert.
Die eLearning-Aktivitäten in deutschen Schulen sind international gesehen vergleichsweise weniger verbreitet, und an vielen Stellen sind Verbesserungsnotwendigkeiten zu konstatieren. Einige Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass teilweise zentrale Aspekte bei der Konzipierung und Durchführung der eLearning-Aktivitäten nicht immer bedacht wurden, und deren Erfolg negativ beeinflusste. Unverzichtbar, so hat sich gezeigt, sind koordinierte Maßnahmen und Strategien zur Qualitätssicherung der verschiedenen Projekte und Initiativen. Von besonderer Bedeutung bzw. Auswirkung für den Einsatz von eLearning sind auch die Motivation und Qualifikation der Lehrkräfte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die technische Qualität der eingesetzten Rechner und der Peripheriegeräte. Eine regelmäßige und zuverlässige Wartung der IKT-Ausstattung ist von herausragender Bedeutung. In Deutschland gibt es diesbezüglich bisher keine einheitlichen Ansätze. Serviceverträge mit entsprechenden Anbietern sind vergleichsweise selten, häufig scheint die Verantwortung für die Wartung bei den Lehrkräften oder Schulleitungen selbst zu liegen.
In Bezug auf den Content, also die konkreten Lehr- und Lerninhalte, gibt es für eLearning-Aktivitäten weder »die« Strategie noch »das« Konzept, entsprechend vielfältig sind auch die Materialien und die Software für eLearning. Der Verfügbarkeit und Auswahl passender Lehr- und Lernmaterialien und Software kommt eine herausragende Bedeutung zu. Hier stellt sich die Frage nach geeigneten Distributionswegen und damit Zugangsmöglichkeiten für die Anwender. Wichtig ist auch die Kompatibilität der verfügbaren Software mit der eingesetzten Hardware, die vor allem durch die Leistungsfähigkeit der Rechner bedingt wird. Von Bedeutung ist schließlich die Festsetzung von (Mindest-)Standards, um die Qualität der eingesetzten Software sowie deren pädagogischen Nutzen sicherzustellen.
Herausforderungen und Handlungsfelder
Dass Computer (nahezu) ubiquitäre Zugangsgeräte zum globalen Informationsspeicher darstellen, dass sich die Art und Weise des Informationszugangs in der Schule wandelt und die Möglichkeiten des eLearnings von der Schule nicht ignoriert werden dürfen, haben die Entwicklungen der vergangenen Jahre verdeutlicht. Schule muss vielmehr die neue Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen aufnehmen und zielgerichteter in den Unterricht integrieren. Durch die zunehmende Verflechtung von Hardware und Internet entwickelt sich auch das eLearning in eine neue Richtung: Weblogs, Podcasts, Wikis und Social Software machen aus dem bisherigen – eher statischen – »WWW« ein Web 2.0 oder eLearning 2.0, dessen Inhalte von den Nutzern selbst gestaltet werden und bei Jugendlichen inzwischen einen hohen Stellenwert besitzen. Im Zuge des eLearnings sollten solche Entwicklungen aktiv aufgegriffen und für den Unterricht genutzt werden.
Dass in den Schulen einiges in diese Richtung geschieht und seit dem ersten Bekanntwerden der PISA-Ergebnisse auch im öffentlichen Bildungsbereich investiert wurde, ist durchaus erkennbar. Aktuelle Studien der OECD besagen aber, dass dies bislang nicht ausreichend war und die Bildungsinvestitionen zum Teil fehlgeleitet worden sind: Substanzielle Verbesserungen sind demnach nicht durch mehr Testverfahren und Überprüfungen zu erreichen, wohl aber durch die Einführung von der modernen Informations- und Wissensgesellschaft angemessenen neuen Lehr- und Lernformen. Selbstverständlich kann der Einsatz von Computern allein keine bessere Bildung bewirken. Notwendig ist vielmehr die Einbettung der neuen Medien in ein pädagogisches Konzept des eLearnings. Zudem kann nur ein ganzheitlicher Ansatz verhindern, dass Investitionen in Ausstattung und Software ohne nachhaltigen Bildungseffekt verpuffen.
IKT-Bildung und Kompetenzstandards
Eine umfangreiche Ausstattung der Schulen mit Hardware und Software sowie deren adäquate Anwendung sind für sich genommen noch kein Erfolgsgarant. Vielmehr ist die Art und Weise einer sinnvollen und zielgerichteten Ausgestaltung von eLearning stark abhängig von den individuellen Kompetenzen und Interessen der Lehrenden. Diesbezüglich sind übertragbare didaktische Konzepte sinnvoll, die zugleich für Einheitlichkeit und messbare Standards sorgen und den Lehrenden einen konstruktiven Handlungsrahmen bieten. Zudem sind die ausreichende Qualifizierung und Motivation des Lehrpersonals wichtige, wenn nicht sogar die entscheidenden Faktoren für einen nachhaltigen Erfolg des eLearnings. In diesem Zusammenhang spielt die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte eine zentrale Rolle. Die Rolle und Bedeutung der Schulleitung und anderer Entscheidungsträger ist in diesem Kontext zu präzisieren.
Sinnvoll wären länderübergreifende verbindliche Mindeststandards für die Modalitäten schulischen eLearnings, die zudem in den Bildungs- und Lehrplänen der einzelnen Bundesländer Eingang finden. Überlegenswert erscheint auch die Festsetzung jahrgangsspezifischer Kompetenzniveaus, welche Fähigkeiten und Kenntnisse die Schüler am Ende einer Schulstufe im Bereich Neue Medien erworben haben sollen. Medienkompetenz sollte nicht nur im Rahmen einzelner Schulfächer, wie etwa Informatik, gefordert und gefördert werden, sondern sollte sich als Lernziel durch das gesamte schulische Curriculum ziehen. Denkbar sind bundesweit verbindliche Standards für die Integration medienbezogener Inhalte in die Lehrerausbildung aller Schulstufen. Dabei wäre darauf zu achten, dass IKT-bezogene Inhalte nicht ausschließliches Thema eigenständiger Veranstaltungen oder Seminare sind, sondern dass zielgerichtet mediendidaktische Kompetenz für die jeweiligen Unterrichtsfächer vermittelt wird. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund möglicher Kosteneinsparungen sollte verstärkt auch die Ausbildung von Lehrkräften zu Multiplikatoren gefördert werden, die ihr erworbenes Wissen in schulinternen Fortbildungen weitergeben. Sinnvoll ist eine Zertifizierung der Fortbildungen, um die Teilnahmemotivation der Lehrkräfte zu steigern und zugleich die jeweilige Lehrqualifikation transparent zu machen. Hier verfügt die Schweiz über vielfältige beispielhafte Erfahrungen.
Vernetzung und Kooperation
Anzustreben ist eine stärkere Kooperation der Schulen untereinander. Der bisher noch vorherrschende Einzelerwerb geeigneter Hard- und Software führt einerseits zum Verlust möglicher Skaleneffekte, andererseits sind die Systemlösungen einzelner Schulen oft nicht miteinander kompatibel, was den Austausch und auch die Verbreitung erfolgreicher eLearning-Ansätze erschwert. Insgesamt ist ein intensiverer Austausch von erprobten und guten eLearning-Lösungen – auch über Schulstufen hinweg – wünschenswert, um ein sinnvolles, aufeinander aufbauendes Förderkonzept entwickeln zu können. Von übergreifender Bedeutung sind schließlich die regelmäßige, kooperative Evaluation der eLearning-Aktivitäten sowie deren kontinuierliche Verbesserung. Dies setzt wiederum klare Zielsetzungen voraus, die etwa auch in den Lehrplänen zu verankern wären.
Finanzierung
Die öffentliche Hand hat bislang viel Geld in eine Vielzahl von eLearning-Projekten investiert, ohne dass jedoch dabei ein übergreifendes Konzept oder eine überregionale Koordination zur Steigerung der Effizienz erkennbar ist. Stattdessen wurden und werden Mehrfachentwicklungen getätigt, Skaleneffekte konnten kaum genutzt werden. Die gegenwärtigen Kosten für IKT in den Schulen stellen wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges dar. Erst wenn die Förderung von Modellprojekten und Pilotvorhaben ausgelaufen ist, Garantien für die technische Ausstattung abgelaufen sind, Ersatzbeschaffungen anstehen oder der Support an externe Dienstleister vergeben wird, können die tatsächlich und dauerhaft auf die Schulträger zukommenden Kosten realistisch eingeschätzt werden. Bund und Länder sollten daher bemüht sein, Lehrpersonen und Entscheidungsträger im Schulwesen nicht nur über Projektideen und geeignete Hard- und Softwareausstattung zu informieren, sondern insbesondere über Möglichkeiten zu deren Finanzierung. Hierbei könnte ein Blick auf die Schweiz hilfreich sein: Dort ist eines der entscheidenden Förderkriterien, dass Möglichkeiten zur langfristigen Fortführung des jeweiligen Projekts aus dem Förderantrag ersichtlich wurden.
Forschungsbedarf
Sinnvoll wäre es, vor einem umfassenden eLearning-Einsatz in der Schule zunächst effektive Einsatzmöglichkeiten von Computern im Unterricht zu finden und deren Wirksamkeit in Feld- und Längsschnittstudien zu verifizieren. Generell fehlt es bislang noch an dezidierten Untersuchungen, die vor dem Hintergrund des Einsatzes von eLearning-Instrumenten den jeweiligen fachspezifischen Lernerfolg – oder auch Misserfolg – tatsächlich messen. Nach wie vor ist unklar, welche Konzepte hier wirklichen Lernerfolg bringen und wie viele Computer pro Schüler dafür überhaupt notwendig sind. Doch letztlich sind dies Angaben, die Kommunen dringend für Schulmittelplanungen benötigen, insbesondere um nach Ablauf von Modell- und Pilotphasen anschließend ggf. einen (bezahlbaren) Dauerbetrieb einrichten und gewährleisten zu können.
Von wesentlicher Bedeutung sind die Entwicklung von Strategien zur Optimierung der eLearning-Angebote und die Gewinnung von grundlegenden Informationen und detaillierteren Kenntnissen über eLearning-Prozesse in ihren einzelnen Phasen. Insbesondere folgende Themen hätten zukünftige Studien zu berücksichtigen:
- Medien- und Lernverhalten junger Zielgruppen: Wie und wann wird gelernt; in welchen Zeiträumen, in welcher Intensität, mit welcher Motivation? Welche speziellen Zielgruppen sind wie zu berücksichtigen?
- Schulspezifische Fragestellungen im Hinblick auf die Zielgruppen Schüler, Lehrer, Schulleitungen, Institutionen, Verlage bzw. Contentanbieter
- Kosten-Nutzen-Analysen von eLearning-Instrumentarien und zugrunde liegender technischer Mittel
- Wirkungsweisen spezieller methodisch-didaktischer Arrangements zwecks Verfeinerung eLearning-spezifischer Lernschritte
- Design- und Nutzerfreundlichkeit wesentlicherSteuerungselemente für Funktions- und Lernsoftware
- Qualitätsstandards
Die Gewinnung substanzieller Informationen aus solchen Studien ist letztlich unabdingbar, um eine Reihe bislang nicht oder nicht zufriedenstellend beantworteter Fragen lösen sowie Optimierungsansätze für schulisches eLearning vorschlagen zu können. Auch wenn zurzeit der öffentliche Diskurs über die Bildungsrelevanz der Computernutzung wieder stärker kontrovers bzw. medienkritisch geführt wird, so sollte eLearning keinesfalls vorschnell als ein Übergangsphänomen betrachtet werden. In vielen Bildungsbereichen, und sicher auch an den Schulen, wird sich eLearning als eine bedeutsame Erweiterung der Lehr- und Lernmöglichkeiten herausstellen und sich zeigen, dass eLearning eine interessante Bereicherung des Unterrichts oder sogar ein zentrales Element in der Schule darstellen kann. Lehrende wie Lernende, Schulleitungen und Bildungsexperten müssen jedoch selbst dazu beitragen, indem sie Erfahrungen mit den neuen Medien in der Schule weitergeben und evaluieren und so zu einer Qualitätssicherung des Lernens und Lehrens mit eLearning-Instrumentarien beitragen.
Publikationen
Revermann, C.; Georgieff, P.; Kimpeler, S.
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137977
Revermann, C.; Georgieff, P.; Kimpeler, S.
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103510
Alle Publikationen zum Thema eLearning
Revermann, C.; Kimpeler, S.; Georgieff, P.
2009. Europäische Wissensgesellschaft - Potenziale des eLearning. Hrsg.: C. Revermann, 197–258, trafo
Revermann, C.; Georgieff, P.; Kimpeler, S.
2009. Europäische Wissensgesellschaft - Potenziale des eLearning. Hrsg.: C. Revermann, 45–76, trafo
TAB
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Kimpeler, S.; Georgieff, P.; Revermann, C.
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137983
Revermann, C.; Georgieff, P.; Kimpeler, S.
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137977
Revermann, C.; Georgieff, P.; Kimpeler, S.
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103510
Kimpeler, S.; Georgieff, P.; Revermann, C.
2007. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000102575
Revermann, C.
2006. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137990
Revermann, C.
2006. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103499
Revermann, C.
2006. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103498
Georgieff, P.; Kimpeler, S.; Revermann, C.
2005. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000137992
Georgieff, P.; Kimpeler, S.; Revermann, C.
2005. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000101815
Revermann, C.
2004. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000103495