Seltene Erden – die Versorgungslage unter Berücksichtigung geopolitischer Risiken und der Fortschritte beim Recycling und der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft
- Projektteam:
Simone Ehrenberg-Silies, Tobias Hungerland, Marc Bovenschulte, Nikolas Hubel
- Themenfeld:
- Themeninitiative:
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
- Analyseansatz:
TA-Kompakt
- Starttermin:
Oktober 2024
- Endtermin:
2025
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Thematischer Hintergrund
Seltene Erden sind für Deutschland zentral, um die Energie- und Mobilitätswende umzusetzen sowie die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Ihre Vorkommen sind weltweit verteilt, die größten Reserven befinden sich allerdings in wenigen Ländern. Auch der Abbau und die Weiterverarbeitung wird in nur wenigen Staaten durchgeführt, wobei China diesbezüglich eine absolut marktbeherrschende Stellung einnimmt. 49 % der frühen Gewinnungs- oder Verarbeitungsstufen Seltener Erden und 84 % der weiterverarbeiteten Zwischenprodukte führt Deutschland aus China ein. Ende 2023 verschärfte China seine Exportgesetze und untersagte die Ausfuhr von Technologien zur Verarbeitung von Seltenen Erden. Expert/innen vermuten, dass diese Maßnahme mit dem Ziel verbunden sein könnte, weiterhin die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren.
Seltene Erden werden bisher von Deutschland ausschließlich als weiterverarbeitete Produkte importiert, für die eine Lagerhaltung kaum möglich ist, sodass kurzfristige Verknappungen nicht ausgeglichen werden können. Vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Situation ist es deshalb umso dringlicher, dass sich Deutschland und Europa im Sinne von De-Risking aus der Anhängigkeit eines einzelnen Staates befreien. Aufgrund weniger alternativer Anbieter wird dies jedoch nicht durch Diversifizierung allein möglich sein. Im Themenkurzprofil Nr. 69 wurden hierzu verschiedene Strategien überblicksartig beschrieben: die Erschließung heimischer Lagerstätten, das Recycling Seltener Erden und der Aufbau einer europäischen Kreislaufwirtschaft.
Ziel und Vorgehensweise
Im Rahmen einer TA-Kompakt-Studie erfolgt eine Vertiefung des Themas mit Fokus auf Recycling und Kreislaufwirtschaft von Seltenen Erden zur Stabilisierung der Versorgungslage anhand von drei Schwerpunktfragen:
- Als Ausgangspunkt werden kriterienbasiert Zukunftstechnologien identifiziert, die für die Bewältigung der 3-D-Transformation (Dekarbonisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel) relevant sind und für deren Herstellung bzw. für die Herstellung ihrer Komponenten in Deutschland und Europa Seltene Erden benötigt werden.
- Anschließend wird eruiert, wie sich die Versorgungslage mit Seltenen Erden für identifizieren Zukunftstechnologien in den nächsten 10 Jahren entwickeln könnte. Dies umfasst auch die Analyse der entsprechenden Liefer- und Wertschöpfungsketten. Hierbei werden mögliche, alternative geopolitische Entwicklungspfade antizipiert.
- Des Weiteren soll untersucht werden, welche technologischen und systemischen Fortschritte beim Recycling von Seltenen Erden und der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft in den nächsten 10 Jahren vorstellbar sind. Dies schließt eine Auseinandersetzung mit zu erwartenden technischen und systemischen Entwicklungsfortschritten und Hemmnissen ein. Hierbei soll auch der Frage nachgegangen werden, ob es im internationalen Kontext bereits gute Anwendungsbeispiele für das Recycling Seltener Erden und die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft gibt.
Auf Basis einer Desktoprecherche werden drei bis fünf für Deutschland relevante Zukunftstechnologien ausgewählt und die dafür benötigten Seltenen Erden identifiziert. Es wird erwartet, dass die Desktoprecherche bereits Hinweise auf die aktuelle Gestaltung der Liefer- und Wertschöpfungsketten für diese Seltenen Erden gibt. Etwaige Lücken in der Literatur werden durch leitfadengestützte Interviews mit Wissenschaftler/innen sowie Industrie- und Verbandsexpert/innen, beispielsweise aus den Bereichen Geopolitik sowie Herstellung- und Produktion. geschlossen.
In einem nächsten Schritt wird, ebenfalls auf Basis von Desktoprecherchen und leitfadengestützten Interviews mit Expert/innen aus den Bereichen Recycling, Kreislaufwirtschaft und Systems Engineering, untersucht, wie der aktuelle Entwicklungsstand bei Recyclingtechnologien einzuschätzen ist und ob diese bereits in Deutschland oder anderswo im industriellen Kontext eingesetzt werden. Des Weiteren werden Ursachen für Fort- und Rückschritte bei der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft in Deutschland in Bezug auf die in dieser TA-Kompakt-Studie fokussierten Seltenen Erden identifiziert.
Auf Grundlage der Ergebnisse der vorhergehenden methodischen Schritte wird ein Szenario-Workshop mit Expert/innen vorbereitet und durchgeführt. Ziel dieses Workshops ist es, alternative Szenarien zur Versorgungslage der für die identifizierten Zukunftstechnologien relevanten Seltenen Erden zu erarbeiten. Hierfür werden unterschiedliche vorstellbare Entwicklungspfade unter anderem im Hinblick auf Liefer- und Wertschöpfungsketten sowie die mögliche Technologiereife und die mögliche Verbreitung von Recyclingtechnologien und Kreislaufwirtschaft diskutiert.
Entscheidungsträger/innen erhalten auf dieser Grundlage Hinweise auf mögliche zukünftige geopolitische Risiken und deren wahrscheinliche Auswirkungen auf die Herstellung von Zukunftstechnologien. Die Szenarien bieten zudem einen Orientierungsrahmen , um möglicherweise notwendige Um- und Neujustierungen der Forschungs- und Innovationsförderung im Hinblick auf das Recycling von Seltenen Erden und die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft frühzeitig zu antizipieren.
TAB-Publikationen zum Thema
Themenkurzprofil Nr. 69 Seltene Erden : Rohstoffsicherung und Potenziale der Gewinnung in Europa |
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Arbeitsbericht Nr. 207 Strategien und Instrumente zur Verbesserung des Rezyklateinsatzes. Mit Fallstudien zu Kunststoffverpackungen, Elektrogeräten sowie Baustoffen. Endbericht zum TA-Projekt |
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Themenkurzprofil Nr. 35
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