Digitalisierung der Landwirtschaft
- Projektteam:
Christoph Kehl (Projektleitung)
- Themenfeld:
- Themeninitiative:
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
- Analyseansatz:
TA-Projekt
- Starttermin:
2017
- Endtermin:
2021
Digitalisierung weckt Hoffnungen auf effizientere und nachhaltigere Agrarproduktion
Digitale Technologien gewinnen in der landwirtschaftlichen Praxis immer mehr an Bedeutung und durchdringen inzwischen alle Bereiche der Landtechnik. Wie in vielen Wirtschaftsbereichen eröffnen sich dadurch auch in der Landwirtschaft neue Möglichkeiten, die Produktion datenbasiert zu steuern. Das weckt die Vision, landwirtschaftliche Maschinen und Prozesse umfassend miteinander zu vernetzen – und zwar nicht nur auf Betriebsebene, sondern über die gesamte vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette hinweg. Doch ist diese Vorstellung realisierbar? Und welche Implikationen hätte eine solch weitreichende Vernetzung?
Auf einen Blick
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Viele digitale Agrartechnologien sind bereits praxisreif oder in fortgeschrittener Entwicklung, eine breite Anwendung steht aber noch aus
Von besonderer Bedeutung sind die Entwicklungen in den Bereichen Sensorik, Landmaschinen, Drohnen und Robotik. Entsprechende Lösungen kommen sowohl auf dem Acker als auch im Stall zum Einsatz. Sie erfassen große Mengen an Prozessdaten und bilden so die Grundlage für eine weitreichende Digitalisierung der landwirtschaftlichen Produktion. Während einzelne digitale Agrartechnologien bereits in größerem Umfang zum Einsatz kommen (z.B. Melkroboter oder satellitengestützte Navigations- und Assistenzsysteme), sind besonders innovative Anwendungen wie die teilflächenspezifische Bewirtschaftung, Agrarroboter oder Drohnen in der landwirtschaftlichen Praxis noch eher wenig verbreitet.
Einzelpflanze im Fokus? Durch die stärkere Automatisierung könnten sich landwirtschaftliche Produktionsverfahren perspektivisch grundlegend verändern
Der technische Entwicklungsstand digitaler Agrartechnologien ist zwar bereits weit fortgeschritten, noch handelt es sich dabei aber oft um Einzellösungen. Das größte Potenzial wird in der umfassenden datenbasierten Vernetzung und Steuerung dieser Anwendungen auf Betriebsebene gesehen. In Zusammenhang mit der zunehmenden Automatisierung bietet diese Entwicklung das Potenzial, landwirtschaftliche Prozesse stärker an der Einzelpflanze resp. dem Einzeltier auszurichten. Ein Beispiel ist der Einsatz schwarmbasierter Roboter, die auch ausgedehnte Felder kleinteilig bewirtschaften können – anstelle immer größerer Landmaschinen mit ihren negativen Effekten wie Bodenverdichtung oder Kapitalbedarf etc.
In welchem Ausmaß die Digitalisierung zu einer nachhaltigeren Landwirtschaftsproduktion beitragen kann, ist noch unklar
Mithilfe der Digitalisierung soll auch der Einsatz von Betriebsmitteln wie Pestizide oder Dünger verringert werden. Dies bietet die Chance, die landwirtschaftlichen Betriebsabläufe nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch nachhaltiger zu gestalten. Hinsichtlich der Größenordnung der erzielbaren Umwelteffekte bestehen allerdings noch große Unsicherheiten. Für ihre fundierte Abschätzung mangelt es angesichts der vielfältigen Anwendungsbereiche und Einsatzbedingungen noch an einer ausreichenden wissenschaftlichen Datenbasis. Der TAB-Bericht stellt den Wissensstand hinsichtlich der Umweltwirkungen der verschiedenen Agrartechnologien detailliert dar.
Mit der technischen Weiterentwicklung sind zukünftig weitere Umweltentlastungen zu erwarten. Die digitalen Agrartechnologien sind jedoch allein kaum ausreichend, um einige wichtige Umwelt- und Tierwohlprobleme der landwirtschaftlichen Produktion zu beheben (wie z. B. die Überdüngung infolge der Intensivtierhaltung).
Die digitale Transformation bringt ganz neue Geschäftsmodelle hervor – wer profitiert?
Immer mehr Daten werden direkt an den Landmaschinen und auf dem Hof erfasst, in die Cloud übertragen und dort ausgewertet. Durch die wachsende Bedeutung digitaler Plattformen und Geschäftsmodelle befindet sich die Agrarbranche in einem fundamentalen Transformationsprozess. Neue Datendienstleister drängen auf den Markt und auch die meisten etablierten Agrarkonzerne bauen eigene Digitalsparten auf. Da auf Plattformmärkten die längerfristige Tendenz zur Marktkonzentration üblicherweise besonders hoch ist, könnten sich die bestehende Monopolisierungstrends in der Agrarbranche weiter verstärken. Die verantwortungsvolle Entwicklung der digitalen Landwirtschaft hängt deshalb maßgeblich davon ab, inwiefern zukünftig auch Landwirt/innen die Chance bekommen, an der mit ihren Daten erzeugten digitalen Wertschöpfung angemessen zu partizipieren.
Eine große Herausforderung besteht darin, den Zugang zu digitalen Technologien auch für kleinere Betriebe sicherzustellen
Die Aussicht auf Effizienzsteigerungen und Einspareffekte gehört zu den großen Versprechen digitaler Agrartechnologien. Eine wesentliche Anwendungshürde sind aber die relativ hohen Investitionskosten, die einen wirtschaftlichen Einsatz vieler digitaler Lösungen erst für größere Höfe erwarten lassen. Es wird daher vermutet, dass sich im Zuge der Digitalisierung der wirtschaftliche Druck auf kleinere und mittlere Betriebe verstärken und ihre Zahl weiter abnehmen könnte. Es ist deshalb eine wichtige politische Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass alle Betriebe von den Vorteilen innovativer Agrartechnologien profitieren können. RTK-Lenksysteme für die präzise Steuerung von Landmaschinen sind ein anschauliches Beispiel für die entstehenden Skaleneffekte: Bei einer angenommenen Einsparung von 30 Euro/ha durch verminderte Überlappung liegt die Wirtschaftlichkeitsschwelle bei über 110 ha (Abb.). Zum Vergleich: Die durchschnittliche Größe der Betriebe lag 2020 bei 63 ha.
Downloads
TAB-Arbeitsbericht Nr. 193 |
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TAB-Fokus Nr. 31
TAB-Fokus no. 31 (in English) |
Im Bundestag
Vorgänge - Bericht, Gutachten, Programm im Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentsmaterialien (DIP)
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