Schreibtisch mit Rechner, Pflanze, Notizbuch und Trinkflasche vor Fenster mit Aussicht auf Häuserdächer und einen WohnblockMikey Harris/Unsplash

Gesellschaftliche Auswirkungen hybrider Arbeitsformen

Die TA-Kompakt-Studie wurde vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 4. Dezember 2024 abgenommen und am 30.01.2025 als TA-Kompakt Nr. 2 veröffentlicht.

In Kürze

Die COVID-19-Pandemie hat in Deutschland zu einer starken Zunahme hybrider Arbeitsformen geführt. Die bislang bestehende Studienlage gibt zwar fundierte Einblicke in Hintergründe, Formen und erste sich abzeichnende Folgen hybrider Arbeitsformen, dennoch ergeben sich aus Perspektive der Technikfolgenabschätzung noch Erklärungs- und Wissenslücken.

Fünf Fragen – fünf Antworten

  • Nach der COVID-19-Pandemie zeigt sich in Deutschland eine weiterhin relevante, wenn auch im Vergleich zur Hochphase der Pandemie reduzierte Nutzung hybrider Arbeitsformen, wobei sektorale Unterschiede bestehen.
  • Hybride Arbeitsformen werden sich in Zukunft vermutlich weiter etablieren. Expert/innen er­warten eine Verbreitung über verschiedene Branchen hinweg, wobei Technologien wie digitale Kollaborationsplattformen sowie neue Führungsstile und Unternehmenskulturen als entschei­dend für den Erfolg dieser Arbeitsmodelle angesehen werden.
  • Die Mehrheit der Erwerbstätigen steht hybrider Arbeit positiv gegenüber. Geschätzt werden u. a. die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, die Reduktion von Pendelzeiten und ein höheres Maß an zeitlicher Selbstbestimmung.
  • Arbeitgeber konnten anfängliche Skepsis gegenüber Homeoffice durch positive Erfahrungen abbauen. In einigen Bereichen wird jedoch nach wie vor großer Wert auf Präsenz am Arbeits­platz gelegt.
  • Die Ausgestaltung und die Akzeptanz hybrider Arbeitsformen variieren stark zwischen den Branchen.
  • Die zukünftige Verbreitung hybrider Arbeit wird wesentlich davon abhängen, wie die Rahmen­bedingungen für hybride Arbeit von Arbeitnehmer/innen und Arbeitgebern angenommen und gestaltet werden.
  • Hybride Arbeit kann sowohl negative Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit haben, z. B. ergonomische Probleme und erhöhter Produktivitätsdruck, als auch positive Effekte wie eine verbesserte Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeiten und reduzierte Pendelzeiten.
  • Die zunehmende Verbreitung hybrider Arbeitsmodelle verändert die Arbeitsorganisation und -kultur, indem sie die Kommunikation erschwert und den Bedarf an gezieltem Wissens- und Kompetenzaustausch sowie an der Nutzung digitaler Kollaborationswerkzeuge erhöht.
  • Hybride Arbeitsformen können die Kostenstruktur von Unternehmen beeinflussen, indem sie langfristig zu Einsparungen bei Büroflächen führen, wobei sie kurzfristig Investitionen beispiels­weise in digitale Technologien erfordern.
  • Gesellschaftlich bergen hybride Arbeitsformen das Risiko, soziale Ungleichheiten und Pola­risierungen zu verstärken. Zugleich können aus dem reduzierten bzw. räumlich veränderten beruflichen Pendelverkehr von Fachkräften positive Umwelteffekte generiert werden.
  • Eine erfolgreiche Ausgestaltung der hybriden Arbeitswelt erfordert betriebliche Anpassungen in der Arbeitsorganisation und Personalführung. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeit­gebern und Arbeitnehmer/innen bei diesen Veränderungsprozessen ist sinnvoll.
  • Die Rolle des Staates wird vor allem in der Bereitstellung grundlegender sozialer Infrastruktur gesehen, während weitere gesetzliche Regelungen und finanzielle Unterstützung als weniger prioritär betrachtet werden.
  • Technologische Innovationen spielen eine zentrale Rolle, insbesondere für Branchen, die bisher weniger von hybrider Arbeit profitieren. Beispielsweise könnten KI-gestützte Anwendungen in Zukunft dazu beitragen, dass bisher ortsgebundene Tätigkeiten verstärkt hybrid ausgeführt werden.
  • Zur Förderung einer positiven Gestaltung hybrider Arbeit sind Maßnahmen zur Schaffung sozia­ler Begegnungsräume sowie kontinuierliche Weiterbildungsformate für die effektive Nutzung neuer Technologien und sozialer Praktiken erforderlich.
  • Es fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse zu der Frage, inwieweit sich hybride Arbeitsformen in Branchen mit hohem Anteil von Interaktionsarbeit und in gewerblich-technischen Berufen signifikant ausweiten lassen und ob es langfristig prinzipielle Grenzen für die Etablierung hy­brider Arbeit gibt.
  • Ob technologische Innovationen wie Robotik und Mixed-Reality-Technologien langfristig rele­vante Beiträge zur Gestaltung hybrider Arbeit leisten können, bleibt offen und bedarf weiterer Forschung.
  • Weitere Studien sollten klären, wie informeller Austausch digital besser realisiert werden kann und ob der digitale Austausch vergleichbare psychologische Effekte wie persönliche Begeg­nungen erzielen kann.
  • Es ist notwendig, die Faktoren, die die Akzeptanz hybrider Arbeit durch Arbeitgeber beeinflus­sen, sowie die geschlechtsspezifischen Auswirkungen hybrider Arbeit auf die Verteilung von Betreuungsarbeit, psychische Gesundheit und Karrierechancen zu untersuchen.

Methodisches Vorgehen

Die Studie stützt sich auf eine umfassende Auswertung der aktuellen Literatur sowie 14 ergänzende Interviews mit Expert/innen bzw. Akteur/innen aus Wissenschaft und Verbänden zu den oben genannten (Leit-)Fragen. Aufbauend auf den Zwischenergebnissen wurde vor der Berichtserstellung zusätzlich eine zweistufige Delphi-Befragung zur Abschätzung zukünftiger Entwicklungen und Auswirkungen hybrider Arbeitsformen mit einem Expertenpanel aus Vertreter/innen von Wissenschaft, Unternehmen und Gewerkschaften durchgeführt.

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Cover: TA-Kompakt Nr. 2: Gesellschaftliche Auswirkungen hybrider Arbetsformen

TA-Kompakt Nr. 2

Gesellschaftliche Auswirkungen hybrider Arbeitsformen (PDF)


doi:10.5445/IR/1000178346

 

Die Studie schafft einen aktuellen Überblick über die bisher vorliegende wissenschaftliche Evidenz zur Verbreitung und zu den Auswirkungen hybrider Arbeit, bewertet Erkenntnislücken und bestehende Differenzen im wissenschaftlichen Diskurs und leitet daraus resultierende politische Handlungsoptionen ab. Sie bietet eine kompakte Darstellung des gegenwärtigen Stands der wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Debatte und eine Abschätzung möglicher künftiger Entwicklungen. Dabei werden sowohl die kurzfristige (bis 2025) und die mittelfristige (bis 2030) Entwicklung hybrider Arbeitsformen und deren Folgen betrachtet. 

In den Medien

  • heise.de (03.02.2025), Technikfolgenabschätzer: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben

Frühere Publikation zum Thema

Cover TKP Nr. 41

Themenkurzprofil Nr. 41

Perspektiven eines hybriden Arbeitens im Homeoffice und im Büro (PDF)
Bogenstahl, C.; Peters, R.
2021. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB).
doi:10.5445/IR/1000131774