agrartechniken, precision agriculture, produktionsmethoden

Moderne Agrartechniken und Produktionsmethoden.
Ökonomische und ökologische Potenziale

  • Projektteam:

    Christine Rösch, Rolf Meyer, Marc Dusseldorp

  • Themenfeld:

    Landwirtschaft und Ernährung

  • Themeninitiative:

    Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

  • Analyseansatz:

    TA-Projekt

  • Starttermin:

    2004

  • Endtermin:

    2005

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Von innovativen Agrartechniken sowie alternativen Kulturpflanzen und Anbaumethoden verspricht man sich eine weitere Verringerung der Belastung von Natur und Umwelt, Verbesserungen bei der Agrobiodiversität sowie positive betriebs- und arbeitswirtschaftliche Effekte. An den Einsatz von Precision Agriculture (PA) wird die Hoffnung geknüpft, dass diese zu Einsparungen bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln oder einer höheren Effizienz landwirtschaftlicher Produktion führen werden. Von den alternativen Kulturpflanzen und Anbauverfahren verspricht man sich vor allem Verbesserungen bei der Agrobiodiversität.

Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Auf Initiative des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wurde das TAB 2003 vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung beauftragt, ein TA-Projekt zum Thema »Moderne Agrartechniken und Produktionsmethoden – ökonomische und ökologische Potenziale« durchzuführen. Aufbauend auf Anregungen aus dem Berichterstatterkreis für TA, sollte die Untersuchung zum einen erfolgen anhand innovativer agrartechnischer Entwicklungen wie der informationsgeleiteten Durchführung von Bewirtschaftungsmaßnahmen im Pflanzenbau (Precision Agriculture) und zum anderen mit Blick auf alternative Kulturpflanzen und Anbaumethoden.

Ergebnisse aus dem Teilprojekt PA

Precision Agriculture ist ein informationsgeleitetes Managementkonzept der pflanzlichen Produktion, das auf verschiedenen neuen oder weiterentwickelten Technologien – insbesondere satellitengestützten Ortungs- und sensorbasierten Erfassungssystemen – aufbaut. Mit PA können kleinräumig variierende Bodenverhältnisse und Pflanzenbestände erfasst und anhand dieser Informationen können mit speziellen Systemen der Informationsauswertung sowie geeigneter Gerätetechnik die pflanzenbaulichen Maßnahmen räumlich und mengenmäßig zielgerechter und präziser als bisher gestaltet werden.

Anwendungsfelder

Anwendungsfelder für die informationsgeleitete Pflanzenproduktion mit PA finden sich in allen wesentlichen Arbeitsschritten des ackerbaulichen Produktionsprozesses. Zu den praxisrelevanten PAAnwendungen zählen die teilflächenspezifische Stickstoffdüngung, die bereits auf rund 3% der Ackerfläche eingesetzt wird, die Ertragskartierung, die zukünftig durch die Onlineerfassung der Qualität des Ernteguts ergänzt werden wird, und GPS-unterstützten Lenkhilfen und Autopilot-Spurführungssysteme. Die differenzierte Unkrautbekämpfung ist bis zur Praxisreife entwickelt worden und zum direkten und indirekten Nachweis von Pilzkrankheiten gibt es verschiedene sensorgestützte Entwicklungsansätze. Einige weitere PA-Anwendungen, wie die Grunddüngung mit Phosphat und Kalium sowie die teilflächenspezifische Anpassung der Bodenbearbeitungstiefe und der Saatstärke, wurden ebenfalls bis zur Praxisreife entwickelt, ohne dass sich bislang jedoch eine breitere Anwendung abzeichnet. Der ökologische Landbau bietet ebenfalls mögliche Anwendungsfelder für PA. Hierzu gehören der Einsatz von PA zur Verbesserung der mechanischen bzw. thermischen Unkrautregulierung und die teilflächenspezifische Ausbringung organischer Dünger.

Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz

PA-Anwendungen sind meist nur beim Einsatz in Betrieben mit mehreren hundert Hektar oder bei überbetrieblicher Organisation des Maschineneinsatzes wirtschaftlich. Die Wirtschaftlichkeitsschwelle wird um so eher erreicht, je heterogener die Standortbedingungen innerhalb eines Ackers sind. PA wird vor allem von jungen, gut ausgebildeten Landwirten mit überdurchschnittlich großer Flächenausstattung sowie in betriebsübergreifenden Bewirtschaftungsformen (z.B. Maschinengemeinschaft) eingesetzt. Die PA-Anwender geben als Einstiegsgründe deutlich bessere Kenntnisse über ihre Produktionsstandorte sowie dadurch erlangte größere Entscheidungssicherheit und ökonomische Motive an. Der überwiegende Teil der Landwirte plant zurzeit nicht, in PA zu investieren. Wesentliche Gründe hierfür sind fehlende Praxisempfehlungen und unzureichende Kenntnisse über die Wirtschaftlichkeit von PA. Ein generelles Hindernis bei der Diffusion von PA sind die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die generell kein günstiges Klima für Neuinvestitionen schaffen.

Ökologische Leistungen und Nachhaltigkeitspotenziale

Auf heterogenen Ackerflächen kann mit der teilflächenspezifischen Ausbringung von Betriebsmitteln der Düngeraufwand im Durchschnitt um etwa 7% pro Hektar und die ausgebrachte Menge an Pflanzenschutzmitteln – insbesondere bei Herbiziden – um bis zu 90% verringert werden. Der Einsatz von PA in der Bekämpfung von Unkräutern und Pilzbefall könnte auch zur Verbesserung der Wirksamkeit des Resistenzmanagements beitragen, da hierdurch eine innerhalb der Schläge nach epidemiologischen Kriterien räumlich differenzierte Mittelanwendung möglich wäre. Dieses Anwendungsgebiet für PA ist aber zurzeit weder in der Diskussion um PA noch in der Forschung ein Thema. Grundsätzlich kann PA auch zur Erbringung von Leistungen für den Artenund Biotopschutz in der Agrarlandschaft eingesetzt werden, beispielsweise durch die automatische Einhaltung von Nutzungsauflagen (z.B. Abstandsauflagen in der Nähe von Fließgewässern). Dieses Nutzungsziel ist bisher allerdings ebenfalls kaum untersucht worden.

Die Einordnung der Auswirkungen von PA-Anwendungen in den Kontext nachhaltiger Entwicklung zeigt, dass PA grundsätzlich in der Lage ist, verschiedene Nachhaltigkeitsdefizite der Landwirtschaft zu verringern. PA dürfte jedoch nur begrenzt dazu beitragen können, die lokal teilweise hohen Stickstoffund Phosphatüberschüsse zu reduzieren, da diese vornehmlich aus regional verdichteten Tierbeständen und einer schlechten Effizienz der Nährstoffnutzung bei den dort anfallenden Wirtschaftsdüngern resultieren. Auch sind PA-Verfahren für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger erst in der Entwicklung. Das Reduktionspotenzial bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln kann bezogen auf Einzelflächen sehr hoch sein, wird sich aber in der Gesamtbilanz erst dann signifikant auswirken, wenn es gelingt, ein praktikables Verfahren zur teilflächenspezifischen Herbizidanwendung in Getreide zu entwickeln. Für eine wirtschaftliche Anwendung von PA im Kampf gegen Pilzkrankheiten fehlen derzeit Methoden und Techniken zur raschen und kostengünstigen Erfassung der Schaderreger.

Aus Nachhaltigkeitssicht eher kritisch zu sehen ist die langfristig arbeitsplatzmindernde und den Strukturwandel beschleunigende Wirkung von PA. In den nächsten Jahren dürften PA-Anwendungen – auch wegen des damit verbundenen Bedarfs an Aus- bzw. Weiterbildungskapazitäten – dagegen eher zu einem etwas höheren Arbeitskräftebedarf führen als die konventionelle, flächeneinheitliche Bewirtschaftung.

Handlungsmöglichkeiten

Trotz der bisherigen Forschungsanstrengungen existieren beim gegenwärtigen Stand der Technik zum teilflächenspezifischen Pflanzenbau noch verschiedene ungelöste technische, fachliche und methodische Herausforderungen, die eine rasche und breite Praxiseinführung von PA verhindern. Darüber hinaus sind Analysen erforderlich zur Abschätzung, in welchen Regionen Deutschlands aufgrund von flächeninternen Standortheterogenitäten und entsprechenden Betriebsstrukturen PA sinnvoll eingesetzt werden könnte und zur Abschätzung der damit verknüpften ökonomischen, agrarstrukturellen, ökologischen und sozialen Folgewirkungen auf sektoraler Ebene.

Um die Diffusion von PA zu fördern, sollte das Wissen über PA in der Meisterausbildung und der studentischen Ausbildung an Fachhochschulen und Hochschulen fest verankert werden. Positive Wirkung auf den Einsatz von PA haben auch Maßnahmen zur Verteuerung die Umwelt belastender Betriebsmittel als auch entsprechende Vorschriften zum Umgang mit diesen Betriebsmitteln.

Ergebnisse aus dem Teilprojekt Alternative Kulturpflanzen und Anbauverfahren

Alternative Kulturpflanzen

Unter alternativen Kulturpflanzen werden landwirtschaftliche Nutzpflanzen verstanden:

  • die zurzeit in Deutschland nicht oder nur in sehr geringem Umfang angebaut werden,
  • die alte Kulturarten darstellen, die erst vor relativ kurzer Zeit aus Wildpflanzenarten kultiviert wurden oder die in anderen Ländern bzw. Regionen in einem gewissen Umfang genutzt werden,
  • die züchterisch so weit bearbeitet sind und für die Anbauverfahren etabliert sind, dass eine Einführung in die landwirtschaftliche Praxis in Deutschland prinzipiell möglich ist.

Den alternativen Kulturpflanzen ist gemeinsam, dass sie in der Regel nur in geringem Umfang züchterisch bearbeitet sind und deshalb noch typische Wildpflanzeneigenschaften besitzen. Insgesamt stehen in den meisten Fällen keine an deutsche Standorte angepassten Sorten zur Verfügung. Die züchterische Bearbeitung der alternativen Kulturpflanzen hinsichtlich einer Vielzahl von Zuchtzielen wird daher noch für längere Zeit einen sehr hohen Stellenwert behalten. Daher wird kurzfristig keine deutliche Ausweitung des Anbaus alternativer Kulturpflanzen erwartet.

Die alternativen Kulturpflanzen sind relativ anspruchslos und besonders zum Anbau auf leichteren Böden und zu Trockenheit neigenden Standorten geeignet. Sie lassen sich gut in die Fruchtfolgen integrieren und würden damit die Agrobiodiversität auf diesen Standorten erhöhen. Da die alternativen Kulturpflanzen auf absehbare Zeit auf den ertragsstarken Standorten gegenüber den heute vorherrschenden Kulturpflanzen nicht konkurrenzfähig sein werden, können sie allerdings auf diesen, von der Intensivierung und Vereinfachung der Fruchtfolgen besonders betroffenen, Standorten auch nicht zu einer höheren Agrobiodiversität beitragen.

In den letzten Jahren wurde eine Reihe von alten Nutzpflanzen als Rohstofflieferanten für Nahrungsmittel wiederentdeckt, darunter Hirsen und Buchweizen. Hinzu kamen Bemühungen um die Verbesserung der Agrobiodiversität durch den ökologischen Landbau, die z.B. zum Anbau alter Weizenarten geführt hat. Auch für die Nutzung als nachwachsende Rohstoffe besteht ein steigendes Interesse an alternativen Kulturpflanzen. Niedriges Ertragsniveau, fehlende standortangepasste Sorten, geringe züchterische Bearbeitung und verschiedene Anbaurisiken führen aber dazu, dass die alternativen Kulturpflanzen derzeit in Deutschland in der Regel nicht wirtschaftlich angebaut werden können.

Alternative Anbauverfahren

Der Begriff Mischanbau bezeichnet den gleichzeitigen Anbau mehrerer landwirtschaftlicher Kulturarten (und mehrerer Sorten der gleichen Kulturart) auf demselben Feld mit unterschiedlichem Kontakt zwischen den Mischungspartnern. Der Mischanbau stellt zunächst ein traditionelles Anbauverfahren dar, wie beispielsweise der gleichzeitige Anbau von Hafer und Gerste als Sommermenggetreide auf leichten Böden.

Der Züchtungsfortschritt und die hohe Effizienz der Produktionsfaktoren (Düngung, Pflanzenschutzmittel) haben die Vorteile des Mischanbaus stark reduziert und so den Mischanbau zu Gunsten des Reinanbaus weitgehend aus der konventionellen Landwirtschaft verdrängt. Mit der Ausdehnung des ökologischen Landbaus hat der Mischanbau aber wieder neue Bedeutung gewonnen. Er stellt hier eine Produktionsmethode zur Reduzierung von pilzlichen und tierischen Schaderregern und zur Regulierung unerwünschter Wildpflanzen (Unkräuter) dar. Es handelt sich im Wesentlichen um Entwicklungen der landwirtschaftlichen Praxis. Besondere Bedeutung kommt dem Mischfruchtanbau auf den Grenzstandorten der einzelnen Körnerfrüchte zu. Hier trägt er durch Erweiterung der Kulturartenvielfalt wesentlich zur Stabilisierung der Pflanzenproduktion bei

Darüber hinaus rechtfertigen wissenschaftliche Untersuchungen und praktische Erfahrungen in den zurückliegenden Jahrzehnten die Schlussfolgerung, dass der Mischanbau von Körnerfrüchten zur stärkeren Ökologisierung der konventionellen Agrarproduktion beitragen könnte. Der Beitrag besteht besonders in der Möglichkeit, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Dabei sind traditionelle Mischanbauverfahren heute in der Regel nicht mehr praktikabel, so dass Neuentwicklungen – eingepasst in die Bedingungen des modernen Pflanzenbaus – notwendig sind und stärker untersucht werden sollten.

Handlungsmöglichkeiten

Ausgehend von der Voraussetzung, dass eine verstärkte Nutzung von alternativen Kulturpflanzen und Anbauverfahren angestrebt wird, um einen Beitrag zu einer höheren Agrobiodiversität zu leisten und um neue Absatzchancen für die Landwirtschaft zu erschließen, eröffnen sich einige Handlungsmöglichkeiten:

  • Züchtung alternativer Kulturpflanzen als mittelbis langfristige Aufgabe, die der öffentlichen Forschung und der finanziellen Unterstützung privater Züchter bedarf;
  • Verbundprojekte zum Mischanbau und zu alternativen Kulturpflanzen für den Nahrungsmittelbereich, die verschiedene Fragestellungen sowie Forschungs-, Erprobungs- und Demonstrationsvorhaben integrieren;
  • Fortführung der Forschung und Förderung nachwachsender Rohstoffe, insbesondere zur stofflichen Verwendung;
  • Kulturartenvielfalt als Diversifizierungspotenzial für die Landbewirtschaftung nutzen und als dritte Säule bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen ausbauen.

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